Verkaufsprospekt des Medienfonds VIP 4 fehlerhaft, Unicreditbank für den Prospekt verantwortlich

Erstmals seit Einführung des Kapitalanlegermusterverfahrensgesetzes (KapMuG) zum 1.11.2005 hat ein Kapitalanlegermusterverfahren zu einer Entscheidung zugunsten von Anlegern geführt. Mit seiner  Entscheidung, wonach der Prospekt des Medienfonds VIP 4 falsch ist und die UniCreditbank (vormals Hypovereinsbank) neben dem Initiator Andreas Schmid für die Prospektfehler verantwortlich ist (Az. KAP 1/07), schreibt das Oberlandesgericht München Rechtsgeschichte. Es handelt sich außerdem um den ersten Musterentscheid in einem Musterverfahren über den Verkaufsprospekt eines geschlossenen Fonds. Das Musterverfahren war bereits im Jahr 2006 eingeleitet worden.

Mit diesem Musterentscheid ist verbindlich für alle anderen deutschlandweit anhängigen Klageverfahren im Zusammenhang mit diesem Medienfonds festgestellt, dass der Prospekt falsch ist. Nach Ansicht des OLG München ist das steuerrechtliche Anerkennungsrisiko dieses Medienfonds im Prospekt falsch dargestellt, da u.a. der tatsächliche Zahlungsfluss nicht den Prospektangaben entspricht und auf Grund des Zahlungsflusses steuerschädliche Auswirkungen bestanden. Den Anlegern war dieser Medienfonds u.a. mit dem Argument der Steueroptimierung und zugleich bestehenden Absicherung der Erlöseinnahmen aus der Filmverwertung durch eine Garantie der dahinterstehenden HypoVereinsbank AG verkauft worden. Tatsächlich wurden nach Ansicht des OLG München jedoch die Anlegergelder nur zu einem geringen Teil in Filme investiert und zu einem Großteil lediglich als Festgeldanlage auf dem Konto der HypoVereinsbank AG geparkt. Außerdem hält das Gericht das Verlustrisiko und die Prognoserechnung im Prospekt für fehlerhaft dargestellt.

Die in dem Musterentscheid aufgeworfenen Fragen sind laut Gericht verbindlich für alle in der Bundesrepublik bei den Gerichten anhängigen Klagen um den Medienfonds VIP 4 geklärt, soweit sie auf Prospekthaftung gestützt werden. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

 Durch ein Musterverfahren nach dem KapMuG können kapitalmarktrechtliche Vorfragen, z.B. die Frage, ob ein Prospekt fehlerhaft ist, einheitlich vor einem Oberlandesgericht geklärt werden. Parallel hierzu müssen Anleger jedoch – auch zur Verjährungshemmung – zusätzlich individuell Klage einreichen. Dies wird von Anlegerschützern massiv kritisiert, da eine Justizentlastung und Kosteneinsparung für die Anleger nur möglich ist, wenn die Anleger nicht parallel flächendeckende Klagen einreichen müssen. Das neu überarbeitete KapMuG sieht jedoch auch weiterhin keine automatische Verjährungshemmung durch Einleitung eines Musterverfahrens vor – anders als die US-amerikanische Sammelklage.

 OLG München, Urteil vom 30.12.2011 – Kap 1/07