Bei fal­scher Be­rech­nung der Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung in einem Ver­brau­cher­kre­dit­ver­trag er­lischt die For­de­rung der Bank. Dies hat al­ler­dings kei­nen Ein­fluss auf den Ab­lauf der Wi­der­rufs­frist. Das hat der Bun­des­ge­richts­hof mit Ur­teil vom 28.07.2020 ent­schie­den.

Später Widerruf

Ein Verbraucher hatte einen gebrauchten Mercedes erworben. Über rund 20.000 Euro des Preises hatte er einen mit dem Kaufvertrag verbundenen Kredit aufgenommen. Der von der finanzierenden Bank vorgelegte Vertrag enthielt unter anderem Angaben zum Widerrufsrecht und zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Obwohl er bereits im März 2016 abgeschlossen worden war, erklärte der Autokäufer im August 2017 den Widerruf. Seiner Ansicht nach hatte die Frist – mangels  korrekter Belehrung – nicht zu laufen begonnen. Mit dieser Vorstellung fand er aber vor den Stuttgarter Gerichten, Landgericht und OLG, kein Gehör. Es sei eine korrekte Belehrung erteilt worden, welche die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB (Fassung bis 20.03.2016) enthalten habe. Der Widerruf sei somit verfristet.

Trostpreis für Käufer

Die Revision zum BGH hatte aus diesem Grund ebenfalls keinen Erfolg. Allerdings kann der Autokäufer seinen ungeliebten Kredit vorzeitig ohne Zusatzkosten zurückzahlen. Dem Senat um dessen Vorsitzenden Ellenberger stellte sich nämlich die Frage, wie eine tatsächlich fehlerhafte Belehrung gehandhabt werden sollte: Das Unternehmen hatte in seinem Formular eine falsche Rechenmethode zur Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung angewandt. Die Karlsruher Richter entschieden sich gegen eine Unwirksamkeit der Belehrung oder die Notwendigkeit einer Nachholung durch eine korrekte Auskunft nach § 356b Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach wäre die Widerrufsfrist erst einen Monat nach richtiger Wiederholung abgelaufen. Dies sei hier aber sinnlos, da der Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Abs. 2 Satz 2 BGB bereits durch die falsche Berechnung endgültig erloschen gewesen sei. Durch eine ergänzte Belehrung könne er nicht wieder aufleben, und zudem könne der Verbraucher dadurch den falschen Eindruck bekommen, dass die Entschädigung doch zu zahlen sei. Der Verlust dieses Anspruchs sei auch eine „anderweitige – wirksame, verhältnismäßige und abschreckende – Sanktion“, so der Zivilsenat. Damit seien die Vorgaben des Art. 23 Verbraucherkreditrichtlinie erfüllt.

Kein Einstieg in den Widerruf

Der XI. Zivilsenat hatte in seiner vorangegangenen Entscheidung zum Widerruf verbundener Verbraucherkreditverträge lediglich allgemeine Grundsätze zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung angegeben (NJW 2020, 461 Rn. 40ff.). Das Urteil wurde als Einschränkung der Möglichkeiten zum Widerruf solcher Verträge nach längerer Zeit wahrgenommen. So kam Gerhard Ring (NJW 2020, 435) zu dem Schluss: „Der Weg über den so genannten Widerrufsjoker dürfte dem Verbraucher damit künftig in Bezug auf die in den Entscheidungen konkret in Rede stehenden Informationspflichten versperrt sein.“ Es spricht viel dafür, dass diese Linie sich hier fortgesetzt hat.

BGH, Urteil vom 28.07.2020 – XI ZR 288/19

(Quelle: beck online)

bestimmt sich – soweit kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach § 2 EFZG in Verbindung mit § 1 MiLoG. Dies geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.09.2017 hervor. Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser nach der Entscheidung des BAG mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen.

Streit um Grundlage für Nachtarbeitszuschlag

Die Klägerin ist langjährig bei der Beklagten als Montagekraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Nachwirkung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie in der Fassung vom 24.02.2004 (MTV) Anwendung. Dieser sieht unter anderem einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe 25% des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein „Urlaubsentgelt“ in Höhe des 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vor. Für den Monat Januar 2015 zahlte die Beklagte neben dem vertraglichen Stundenverdienst von sieben Euro beziehungsweise 7,15 Euro eine „Zulage nach MiLoG“. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete sie ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Darüber hinaus rechnete sie ein gezahltes „Urlaubsgeld“ auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 Euro brutto und meint, auch der Nachtarbeitszuschlag sei auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.

Gezahltes „Urlaubsgeld“ nicht auf Ansprüche nach dem MiLoG anzurechnen

Die Revision der Beklagten blieb vor dem BAG – abgesehen von einer geringen rechnerischen Differenz – ohne Erfolg. Zwar gewähre das MiLoG nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG habe der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gelte auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem MiLoG bestimmt; dieses enthalte keine hiervon abweichenden Bestimmungen. Ein Rückgriff des Arbeitgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung scheide aus. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssten nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 Euro berechnet werden, da dieser Teil des „tatsächlichen Stundenverdienstes“ im Sinne des MTV sei. Eine Anrechnung des gezahlten „Urlaubsgeldes“ auf Ansprüche nach dem MiLoG könne nicht erfolgen, da der MTV hierauf einen eigenständigen Anspruch gebe und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt.

BAG, Urteil vom 20.09.2017 – 10 AZR 171/16

Quelle: Beck online FD-ArbR 2017, 394764