Bei der Berechnung von Nachabfindungsansprüchen weichender Erben sind nur die betrieblichen Schulden anzurechnen, die der Hoferbe bereits beim Hoferwerb übernommen hat. Nachabfindungsansprüche werden nicht ausgeschlossen, wenn der Verkauf von Hofgrundstücken zwar wirtschaftlich notwendig ist, aber nicht ausreicht, um die wirtschaftliche Existenz des Hofes auf Dauer zu sichern. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 09.07.2013 entschieden und die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Coesfeld teilweise abgeändert.

Die im Jahr 2011 verstorbene Erblasserin war Eigentümerin eines in Coesfeld gelegenen, circa 60 Hektar großen landwirtschaftlichen Hofes im Sinne der Höfeordnung. Ihre seinerzeit 60-jährige Tochter, die Antragstellerin, war weichende Miterbin mit einer hälftigen Erbquote. 1999 übertrug die Erblasserin den Hof im Wege der vorweggenommen Erbfolge dem heute 34 Jahre alten Antragsgegner, ihrem Enkel. Zuvor hatte sie den Hof an ihren Sohn, den Vater des Antragsgegners, und dessen Ehefrau verpachtet. Den Pachtbetrieb übernahm der Antragsgegner 2006. In den Jahren 2004 und 2007 veräußerte er etwa 15 Hektar der zum Hof gehörenden Flächen für einen Kaufpreis von circa 460.000 Euro – nach seiner Darstellung, um einen Teil der mit der Hofübernahme auf ihn übertragenden betrieblichen Verbindlichkeiten abzutragen. 2009 strukturierte der Antragsgegner den Hof in einen Nebenerwerbsbetrieb um. Insbesondere wegen des Verkaufs der Grundstücke in den Jahren 2004 und 2007 hat die Antragstellerin vom Antragsgegner Nachabfindungsansprüche gemäß § 13 Höfeordnung in der Größenordnung von 250.000 Euro geltend gemacht.

Das OLG hat der Antragstellerin jetzt eine Nachabfindung in der Größenordnung von etwa 98.000 Euro zugesprochen. Als weichende Miterbin mit hälftiger Erbquote sei die Antragstellerin an den Erlösen aus den Grundstücksverkäufen zu beteiligen. Ihr stehe eine Nachabfindung zu. Die Nachabfindungspflicht des Hoferben entfalle ausnahmsweise nur dann, wenn ein Grundstücksverkauf als letztes Mittel zur Erhaltung des Hofes notwendig sei. Ein derartiger Ausnahmefall liege bereits deswegen nicht vor, weil der Hof wegen der bestehenden erheblichen Belastungen auf Dauer auch als Nebenerwerbsbetrieb nicht zu halten sei und deshalb die grundsätzlich notwendigen Grundstücksverkäufe zur Erhaltung des Hofes nicht ausreichend gewesen seien.

Bei der Berechnung des Nachabfindungsanspruches seien die betrieblichen Verbindlichkeiten des Hoferben abzusetzen, allerdings nicht in dem vom Antragsgegner geltend gemachten Umfang. Auch wenn die Schulden von den Pächtern (und nicht von der Erblasserin) begründet worden seien, seien sie als im Betrieb begründete Schulden in die Berechnung einzustellen. Anspruchsmindernd seien aber nur die im Zeitpunkt des Hoferwerbs bereits vorhandenen Verbindlichkeiten, so das OLG. Auf diese habe sich die Antragstellerin als weichende Miterbin einzustellen. Diese Verbindlichkeiten seien zudem nur anteilig zu berücksichtigen, weil lediglich ein Teil der Fläche des Hofes verkauft worden sei. Hieraus errechne sich der zugesprochene Nachabfindungsbetrag.

OLG Hamm, Urteil vom 09.07.2013 – 10 W 77/12

(Quelle: Beck online)