1. Hat der Erblasser über sein gesamtes im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandenes Vermögen in der Weise verfügt, dass er alle Bedachten einheitlich als Erben bezeichnet hat, so ist von einer Erbeinsetzung nach Quote auszugehen, wobei sich die Höhe der Erbanteile regelmäßig nach dem Wertverhältnis der zugewiesenen Gegenstände richtet.

2. Für die Wertberechnung ist nicht stets der Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich; stand für den Erblasser im Vordergrund, den Bedachten gerade die ihnen zugewiesenen Gegenstände zukommen zu lassen, so ist auf den Wert im Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen.

Der Erblasser verstarb ledig und kinderlos. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seine Geschwister. Die Beteiligte zu 3) ist der Sohn des vorverstorbenen Bruders P. Der Beteiligte zu 4) ist der Sohn der Beteiligten zu 2) und die Beteiligten zu 5) und 6) sind die Kinder des Beteiligten zu 1).

Unter dem 15.11.1991 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament mit folgendem Inhalt:

„Hiermit setze ich folgende Erben ein:

Einfamilienhaus, in G.,

(Beteiligte zu 3 und 4)

je zur Hälfte

Ackerland, Gemarkung, E., Flur …, Flurstück …

(Beteiligte zu 3 und 4)

je zur Hälfte

Ackerland, Gemarkung, St., Flur …, Flurstück …, Blatt 2601

(Beteiligte zu 5 und 6)

je zur Hälfte“

Am 04.05.2005 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament. In Ziffer I. heißt es:

„In diesem Testament will ich eine Erbeneinsetzung nicht treffen. Der Notar hat mich darauf hingewiesen, dass dann die gesetzliche Erbfolge eintritt.“

Unter II. 1 setzte der Erblasser ein Wohnungsrechtsvermächtnis betreffend seinen Hausgrundbesitz zugunsten seiner Lebensgefährtin aus, das mit deren Tod entfallen sollte.

Am 08.12.2011 haben die Beteiligten zu 3) und 4) gestützt auf das Testament vom 15.11.1991 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die Beteiligten zu 3) und 4) als Erben zu je 103/220 Anteil und die Beteiligten zu 3) und 4) als Erben zu je 7/220 Anteil ausweist. Der Erblasser habe dort nämlich über sein gesamtes im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandenes Vermögen verfügt, so dass von einer Erbeinsetzung – mit Teilungsanordnung – entsprechend der aus der Zuwendung der einzelnen Grundstücke sich ergebenden Quote auszugehen sei. Diese Verfügung sei auch nicht durch das notarielle Testament aufgehoben worden, das nur die Aussetzung eines Vermächtnisses zu Gunsten der Lebensgefährtin des Erblassers enthalte

Durch Beschluss vom 08.11.2012 hat das Amtsgericht – nach Anhörung des beurkundenden Notars – die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 3) und 4) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 6) Beschwerde eingelegt und vorgebracht, der Wert des Einfamilienhauses sei zu hoch angesetzt worden, weil das Wohnrecht nicht berücksichtigt worden sei. Zudem seien die Beteiligten zu 3) und 4) bei ihrem Erbantrag offenbar davon ausgegangen, dass das übrige Nachlassvermögen, über das der Erblasser keine ausdrückliche Verfügung getroffen habe, ihnen zustünde, es sei jedoch zu verteilen. Er sei der Ansicht, er sei Erbe zu einem Anteil von 20/220.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde des Beteiligten zu 6) nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass für die Erbfolge das Testament vom 15.11.1991 maßgeblich sei und dieses eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 3) – 6) enthalte. Der Erblasser habe nicht nur über die Hauptbestandteile seines Vermögens verfügt, sondern auch alle Bedachten einheitlich als Erben bezeichnet, so dass von einer Erbeinsetzung nach Quote auszugehen sei. Verfüge ein Erblasser über das gesamte im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandene Vermögen, richte sich die Höhe der Erbanteile regelmäßig nach dem Wertverhältnis der zugewiesenen Gegenstände.

Für die Wertberechnung komme es zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. Stehe für den Erblasser aber im Vordergrund, den Bedachten gerade die ihnen zugewiesenen Gegenstände zukommen zu lassen, sei – wie hier – auf den Wert im Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen (BeckOK BGB/Litzenburger, Stand 01.05.2013, BGB, § 2087, Rdnr. 19).

Dabei müsse der Wert des später angeordneten Wohnrechtsvermächtnisses vom danach maßgeblichen Wert des Wohnhauses abgesetzt werden, was nach Ansicht des Senats im vorliegenden Fall zutreffend geschehen war.

Das ebenfalls zum Nachlass gehörende Geldvermögen von 50.000 EUR sei dagegen nicht in die Quotenberechnung einzubeziehen. Damit ergebe sich ein Bezugswert von „220“ (Summe der Grundstückswerte 171.000 EUR, 35.000 EUR und 14.000 EUR).

Auf Grund des erheblichen Wertunterschiedes der den Beteiligten zu 3) und 4) einerseits und den Beteiligten zu 5) und 6) andererseits zugewiesenen Grundstücke erstrecke die daraus sich ergebende Quote nach dem mutmaßlichen Erblasserwillen auch auf das sonstige – bei Errichtung des Testaments noch nicht vorhandene – Nachlassvermögen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.07.2013 – I-3 Wx 56/13

(Quelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.07.2013 – I-3 Wx 56/13)