Darlehensvertrag als Präsenzgeschäft geschlossen
Die Kläger verlangen nach Widerruf ihrer auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die Erstattung der von ihnen gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung. Sie schlossen mit der Beklagten am 15.02.2006 zur Finanzierung einer Immobilie einen Verbraucherdarlehensvertrag über nominal 106.000 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Der Vertragsabschluss gestaltete sich so, dass ein Mitarbeiter der Beklagten und die Kläger – alle drei zeitgleich an einem Ort anwesend – die den Klägern erstmals vorgelegten schriftlichen Vertragsunterlagen unterzeichneten.
Widerrufsbelehrung war Darlehensvertrag beigefügt
Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die unter anderem folgenden Passus enthielt:
„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen
– eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
– die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags
zur Verfügung gestellt wurden“.
Widerruf nach Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung
Im Herbst 2014 wollten die Kläger die finanzierte Immobilie verkaufen. Deshalb traten sie an die Beklagte heran, um das Darlehen vorzeitig abzulösen. Die Beklagte machte den Abschluss einer „Aufhebungsvereinbarung“ von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 4.569,82 Euro abhängig. Die Kläger gaben eine darauf gerichtete Willenserklärung am 21.10.2014 „unter dem Vorbehalt einer Überprüfung des geschlossenen Darlehensvertrages einschließlich der Widerrufsbelehrung“ ab. Sie entrichteten die von der Beklagten beanspruchte Vorfälligkeitsentschädigung. Unter dem 21.11.2014 widerriefen sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
BGH verweist zurück
Das Amtsgericht hatte die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung und vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hatte das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren weiter. Der BGH hat das Berufungsurteil nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Widerrufsbelehrung nicht deutlich genug formuliert
Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung sei als vorformulierte Erklärung gemäß den im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen objektiv auszulegen. Nach dieser Maßgabe sei sie unzureichend deutlich formuliert, weil sie entgegen der für die Vertragsbeziehungen der Parteien maßgebenden Rechtslage so verstanden werden könne, die Widerrufsfrist laufe unabhängig von der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers an.
Stillschweigendes richtiges Verständnis irrelevant
Ob die Kläger die anlässlich eines Präsenzgeschäfts erteilte Belehrung in Übereinstimmung mit der Beklagten stillschweigend richtig dahin verstanden haben, das Anlaufen der Frist setze die Abgabe ihrer Vertragserklärung voraus, sei unerheblich. Denn der Verbraucher sei hier zu seinen Gunsten zwingend in Textform zu belehren gewesen, sodass die Widerrufsbelehrung nicht anhand eines konkludenten gemeinsamen Verständnisses der Vertragsparteien korrigiert werden könne. Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers komme es nicht an. Der BGH hat außerdem seine Rechtsauffassung bestätigt, dass eine Aufhebungsvereinbarung einen anschließenden Widerruf nicht hindert.
Treuwidrigkeit der Widerrufsausübung noch zu prüfen
Das LG wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr anhand der vom BGH in seinen Entscheidungen vom 12.07.2016 niedergelegten und noch nicht berücksichtigten Grundsätze der Frage nachzugehen haben, ob die Kläger mit der Ausübung des Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben verstoßen haben.
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