Ein minder schwerer Fall einer schweren räuberischen Erpressung ist nicht bereits wegen des unprofessionellen Verhaltens der Täter bei der Tatausführung anzunehmen.

Die Angeklagten S und B sowie ein unbekannt gebliebener Mittäter verschafften sich unter einem Vorwand Zugang zur Wohnung der Nebenklägerin, einer Arbeitskollegin des S. Der B. forderte die Nebenklägerin und ihren anwesenden Partner auf, Geld und Marihuana herauszugeben, und bedrohte beide mit einem großen „machetenartigen“ Messer. Er drohte, den Partner der Nebenklägerin „abzustechen“ und ihm die Finger abzuschneiden, wobei er mehrfach Stichbewegungen in unmittelbare Nähe des Körpers des Mannes ausführte. Zudem drohte er, die Nebenklägerin im Badezimmer zu vergewaltigen. Währenddessen stand der S. mit einem Teleskopschlagstock an der Tür zum Flur, der dritte Täter hielt ein Messer in den Händen. Die Nebenklägerin übergab aus einer Geldkassette 20 EUR und etwas Marihuana, woraufhin der B ihnen weiter drohte, sie „sollten ihn nicht verarschen, sonst käme er mit allen seinen Leuten“. Als daraufhin der Partner der Nebenklägerin die Geldkassette durch die geschlossene Balkontür warf und laut um Hilfe rief, flüchteten die Täter mit der Beute.

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in einem minder schweren Fall verurteilt und gegen den S. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, gegen den B. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt. Hiergegen richten sich die vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Strafaussprüche beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft.

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revisionen das Urteil in den Schuldsprüchen dahin klargestellt, dass die Angeklagten der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig sind und in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Das Landgericht hatte im Rahmen der Strafzumessung bei jedem der Angeklagten einen minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB angenommen. Dabei hatte es zu ihren Gunsten neben den „umfassenden“ Geständnissen und der erwartbar geringen Beute vor allem berücksichtigt, dass „die Schlag- und Stichwaffen nicht so gefährlich waren wie etwa eine scharfe Schusswaffe“. Als maßgeblich für die Strafrahmenwahl erachtete es die Strafkammer zudem, dass die Tatausführung „dilettantisch und unprofessionell“ gewesen sei, weil die Täter nicht maskiert waren und der S. der Nebenklägerin bekannt war. Die Anwendung des Strafrahmens nach § 250 Abs. 2 StGB hielt sie „für nicht geboten und unangemessen, zumal die Mindeststrafe wegen des Gewichts der straferhöhenden Umstände bei der Festsetzung der Strafen nicht nur unbeträchtlich erhöht werden müsste“. Diese Begründung für die Annahme minder schwerer Fälle nach § 250 Abs. 3 StGB bei beiden Angeklagten hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Durchgreifenden Bedenken begegnet bereits die Erwägung, die verwendeten Schlag- und Stichwaffen seien nicht so gefährlich wie eine „scharfe Schusswaffe“. Dabei wurde nicht ausreichend berücksichtigt, dass die konkreten Umstände des Waffeneinsatzes (Überfall in einer Ein-Zimmer-Wohnung durch drei bewaffnete Täter; körpernahe Stichbewegungen mit dem „machetenartigen“ Messer) für die Beurteilung von erheblicher Bedeutung sind. Bei der Bewertung der Tatausführung als „dilettantisch und unprofessionell“ aufgrund der unterlassenen Maskierung der Täter wurde nicht in Betracht gezogen, dass die Nebenklägerin wusste, „dass der S. mit einer Rockergruppierung in Kontakt stand“, und sich die Angeklagten deshalb möglicherweise darauf verließen, von ihr nicht angezeigt zu werden. An anderer Stelle hat das Landgericht der Drohung des B., er werde „seine Leute“ vorbeischicken, in diesem Zusammenhang besonderes Gewicht beigemessen. Angesichts des Tatbildes und insbesondere der Reaktion des B. auf die Übergabe eines nur geringen Bargeldbetrags und einer kleinen Menge Rauschgift ist auch die Annahme einer geringen Beuteerwartung der Täter nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.

Sachlich unzutreffend und mithin rechtsfehlerhaft ist schließlich die Kontrollerwägung, dass bei Anwendung des Regelstrafrahmens die Mindeststrafe erheblich hätte erhöht werden müssen. Es ist abwegig anzunehmen, dass unter Berücksichtigung der hier gegebenen strafmildernden Gesichtspunkte eine erhebliche Erhöhung der in § 250 Abs. 2 StGB vorgesehenen Mindeststrafe zwingend erforderlich gewesen wäre. Die hohe Untergrenze dieses strengen Strafrahmens trägt der hohen Gefährlichkeit der erfassten Taten bereits Rechnung. Dies zwingt bei Vorliegen von Milderungsgründen, wenn sie nicht zur Annahme eines minder schweren Falles genügen, ungeachtet gegebener Erschwerungsgründe nicht zu deren Anhebung.

Es ist nicht auszuschließen, dass bei rechtsfehlerfreier Gesamtwürdigung ein minder schwerer Fall nach § 250 Abs. 3 StGB abgelehnt worden wäre. Die Strafaussprüche haben daher keinen Bestand. Da lediglich Wertungsfehler vorliegen, können die Feststellungen im Übrigen bestehen bleiben und weitere, ihnen nicht widersprechende Feststellungen getroffen werden.

Der Bundesgerichtshof stellt mit seiner Entscheidung klar, dass ein minder schwerer Fall des § 250 StGB nur unter besonderen Umständen anzunehmen ist. Nach der gesetzgeberischen Intention soll ein minder schwerer Fall per se nicht einmal bei dem Einsatz einer Scheinwaffe anzunehmen sein (Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 250 Rn. 29).

Vorliegend waren alle drei Täter mit unterschiedlichen Waffen bestückt, mit deren Hilfe insbesondere B der Forderung nach Geld und Drogen Ausdruck verlieh, sodass das Messer als Nötigungsmittel zur Herbeiführung der Wegnahme verwendet wurde. Dabei erscheint es nur schwer nachvollziehbar, warum dieses „machetenartige“ Messer einer (geladenen) Schusswaffe in ihrer Gefährlichkeit nachstehen sollte. Auch das unprofessionelle Vorgehen bei der Tatausführung kann nicht zugunsten der Täter und für die Annahme eines minder schweren Falles berücksichtigt werden, da dies kein Kriterium für die Tatbestandsverwirklichung sein kann. Im Gegenteil: In einem solchen Fall gilt der sich aus den örtlichen Begebenheiten der Opfer ergebenden Wohnsituation besondere Aufmerksamkeit; sie ist als Kriterium für die Beurteilung der Gefährlichkeit heranzuziehen.

Allein der Wunsch des Abweichens vom hohen Mindeststrafmaß stellt im Ergebnis keine tragfähige Begründung zur Annahme eines minder schweren Falles dar. Dies heißt – auch im vorliegenden Fall – jedoch nicht zwingend, dass ein solcher ausgeschlossen wäre. Die entscheidenden Kriterien müssen dann aber nachvollziehbar herausgearbeitet und widerspruchsfrei gewichtet werden, wozu eine vorausschauende und aktive Verteidigung sicher einen Teil beitragen kann.

BGH, Urteil vom 29.11.2012 – 5 StR 493/12

(Quelle: beck-fachdienst Strafrecht – FD-StrafR 2013, 341902 )