Die Vereinbarung einer Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung in den AVB, um so zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer mehrere Verträge mit niedrigen Versicherungssummen schließt, damit er dadurch ohne zusätzliche Prämie mehr Versicherungsschutz erhält, ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken weder überraschend noch intransparent und somit zulässig.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer Hausratversicherung. Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Hausratversicherung, der die Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB 92) zugrunde lagen. Die Versicherungssumme betrug 62.955,20 EUR. Dieser Versicherungsvertrag endete zum 06.04.2007. Daneben unterhält die Klägerin für denselben Hausrat eine weitere Hausratversicherung bei der … Allgemein Versicherung AG mit einer Versicherungssumme von 150.000 EUR. Am 05.01.2007 wurde aus der Wohnung der Klägerin Schmuck entwendet, den diese in ihrem Nachttisch aufbewahrt hatte. Den Wert des entwendeten Schmucks gibt sie mit 60.195 EUR an.

Die Klägerin zeigte den Schaden sowohl der Beklagten als auch der … Allgemeine Versicherung AG an, welche auf der Grundlage eines rechtskräftigen Urteils des LG Saarbrücken Versicherungsleistungen in Höhe von 25.000 EUR erbrachte. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin nunmehr daneben auch die Beklagte in Anspruch, die die Gewährung von Versicherungsleistungen vorgerichtlich unter Hinweis auf § 20 VHB 92 (Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung) verweigert hatte. Diese Bestimmung lautet: «Bestehen für versicherte Sachen mehrere Hausratversicherungsverträge desselben oder verschiedener Versicherungsnehmer, so ermäßigt sich der Anspruch gemäß §§ 12 oder 19 Nr. 3 aus diesem Vertrag in der Weise, dass aus allen Verträgen insgesamt keine höhere Entschädigung geleistet wird, als wenn der Gesamtbeitrag der Versicherungssummen im vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre.» Nach Ziff. 3 c) des § 19 VHB 92 (Entschädigungsgrenzen für Wertsachen einschließlich Bargeld) ist die Entschädigung von Schmuck, der sich – wie hier – außerhalb dort näher beschriebener Stahlschränke oder sonstiger verschlossener Behältnisse mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen befindet, auf insgesamt 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) je Versicherungsfall begrenzt.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, sie könne gemäß § 20a Nr. 2 VHB 92 aus beiden Versicherungsverträgen die vereinbarte Leistung bis zur jeweiligen Höchstgrenze beanspruchen, soweit hierdurch die Summe des eingetretenen Schadens nicht überstiegen werde. Weiter ist nach Auffassung der Klägerin die Vorschrift des § 20 VHB 92 hier nicht einschlägig. Zudem verstoße diese Bestimmung gegen das Transparenzgebot, sei überraschend und benachteilige den Versicherungsnehmer, der zweimal Prämien leiste, aber nicht zweimal Leistungen erhalte.

Nach Auffassung des OLG Saarbrücken ist die Bestimmung des § 20 VHB 92 im Streitfall einschlägig. Sie enthalte eine besondere Regelung für diejenigen Fälle, in denen der Versicherungsvertrag eine Entschädigungsgrenze vorsieht. Hierzu gehöre unter anderem die in der Bestimmung auch ausdrücklich genannte Entschädigungsgrenze aus § 19 Nr. 3 VHB 92, die die hier begehrte Entschädigung für Schmucksachen, die außerhalb besonders gesicherter Behältnisse verwahrt werden, auf 40.000 DM je Versicherungsfall begrenzt (§ 19 Nr. 3c VHB 92).

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 20 VHB 92 – der Anspruch aus diesem Vertrag ermäßigt sich dadurch, dass aus beiden Verträgen insgesamt keine die Gesamtentschädigungsgrenze übersteigende Entschädigung geleistet wird – ermäßige sich der Anspruch der Klägerin aus diesem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag so weit, dass die Gesamtentschädigungsgrenze durch die Leistungen aus beiden Verträgen nicht überschritten wird. Die Beklagte wendet nach Ansicht des OLG Saarbrücken daher zu Recht ein, dass die Forderung der Klägerin durch die Zahlungen der … Allgemein Versicherung AG in der die Gesamtentschädigungsgrenze übersteigenden Höhe von 25.000 EUR bereits erfüllt ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin sei § 20 VHB 92 auch Bestandteil des Versicherungsvertrages mit der Beklagten geworden und wirksam, so das OLG Saarbrücken weiter. Bei § 20 VHB 92 handele es sich nicht um eine überraschende Klausel, mit der ein verständiger Versicherungsnehmer nicht zu rechnen brauche (§ 305c Abs. 1 BGB). Sie sei auch transparent genug. Dem Versicherungsnehmer werde schon in § 19 Nr. 3c) VHB 92 verdeutlicht, dass die Entschädigung unter anderem für Schmucksachen bei Verwahrung in nicht gesondert gesicherten Behältnissen unabhängig von der jeweiligen Versicherungssumme begrenzt ist.

Der Versicherungsnehmer müsse daher damit rechnen, dass der Versicherer in seinem Bedingungswerk Vorkehrungen trifft, damit die Bestimmung, die seinen berechtigten Interessen dient, nicht auf andere Weise – insbesondere durch den Abschluss von wenigstens zwei Versicherungsverträgen unter Aufspaltung der Versicherungssumme – unterlaufen wird. Von einer Überrumpelung des Versicherungsnehmers könne weder mit Blick auf den Inhalt der Bestimmung noch mit Blick auf deren Stellung in den Bedingungen die Rede sein. Auch unter dem Gesichtspunkt der Schmälerung des Versicherungsschutzes könne keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers gesehen werden, weil die streitige Regelung verhindert, statt eines Vertrages mit hoher Versicherungsprämie, aber gleich bleibender Begrenzung – auf 40.000 DM im Streitfall –, mehrere Verträge mit niedrigen Versicherungssummen zu schließen, um dadurch ohne zusätzliche Prämie mehr Versicherungsschutz zu erhalten.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.03.2012 – 5 U 378/11-54

(Quelle: Beck online)