Nicht jedes Foulspiel im Fußball führt zum Ausschluss der Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers nach § 103 VVG. Grätscht der Versicherungsnehmer in einen seinen Mitspieler von hinten hinein, ohne den Ball erreichen zu können, ist dies nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe an sich auch kein Grund für den Ausschluss der Leistungspflicht. Wenn der Versicherungsnehmer jedoch zuvor seinem Gegner gedroht habe, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen, sei das ein Indiz für einen zumindest bedingten Verletzungsvorsatz, der zum Ausschluss der Leistungspflicht des Versicherers führe.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Haftpflichtversicherer die Freistellung von Ansprüchen des Zeugen S., dem er durch ein Foul bei einem Fußball-Landesligaspiel einen Wadenbeinbruch, eine Verletzung des Sprunggelenks und mehrere Bänderrisse zugefügt hatte. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei gemäß § 103 VVG nicht zur Leistung verpflichtet, weil aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, dass der Kläger den Schaden vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt hat. Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter. Er macht insbesondere geltend, das Landgericht habe die erhobenen Beweise fehlerhaft und einseitig gewürdigt.
Nach Auffassung des OLG Karlsruhe hat die zulässige Berufung in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger habe keinen Deckungsanspruch aus der bei der Beklagten bestehenden Haftpflichtversicherung, weil er die Verletzung des Zeugen S. vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt habe und deshalb der gesetzliche Risikoausschuss nach § 103 VVG eingreife. Der Kläger sei unstreitig mit langem Anlauf und hohem Tempo auf den Zeugen S. zugelaufen und mit zumindest einem gestreckten Bein voraus seitlich von hinten in ihn hineingesprungen. Sein Verhalten, das mit einem Feldverweis geahndet worden sei, liege auch nicht mehr im Grenzbereich zwischen der im Fußball noch gerechtfertigten Härte und der auch bei sportlichen Kampfspielen unzulässigen Unfairness.
Weiter kommt dem äußeren Hergang des Foulspiels nach Ansicht des OLG Karlsruhe eine erhebliche Indizwirkung für das vorsätzliche Verhalten des Klägers zu. Denn zum einen hebe das Landgericht mit Recht hervor, dass der Kläger vor dem Foulspiel unstreitig mit hohem Tempo aus etwa 20 bis 30 Metern Entfernung auf den Zeugen S. zugerannt sei, obwohl die Spielsituation nicht unmittelbar bedrohlich war. Er habe sich relativ frühzeitig zu dem Angriff entschlossen und dafür seine Position im Mittelkreis aufgegeben, ohne dass dafür ein besonderer Anlass bestanden habe. Zum anderen habe sich der Zeuge S. unstreitig zwischen dem Ball und dem Kläger befunden, so dass dessen Angriff sicher nicht dem Ball gegolten habe. Dazu komme, dass der Kläger dem Zeugen S. kurze Zeit vor dem Foulspiel gedroht habe, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen. Diese Drohung lasse in der Zusammenschau mit den besonderen Umständen im äußeren Hergang des Foulspiels auf einen entsprechenden Vorsatz schließen, so das OLG Karlsruhe.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2012 – 9 U 162/11
(Quelle: beck-fachdienst Versicherungsrecht – FD-VersR 2012, 338784)