Was hat sich zum 01.01.2017 rechtlich geändert?
Der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand wird flexibler geregelt. Der Beitragssatz in der Rentenversicherung bleibt 2017 mit 18,7% stabil. Kindergeld, Kinderzuschlag und Steuerfreibeträge steigen, ebenso der Mindestlohn. Zu diesen und weiteren Neuregelungen in zahlreichen Rechtsgebieten, die zum Jahresanfang 2017 in Kraft treten, bieten wir Ihnen einen von der Bundesregierung zusammengestellten Überblick.
Verbesserungen für Arbeitnehmer
Zum 01.01.2017 gibt es gleich mehrere Verbesserungen für Arbeitnehmer. Der gesetzliche Mindestlohn wird von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde erhöht, die Rechte von Leiharbeitnehmern werden gestärkt und der Missbrauch bei Werkverträgen wird verhindert. Ab dem 01.04.2017 dürfen Leiharbeitnehmer längstens 18 Monate bei einem Entleiher eingesetzt werden. Nach neun Monaten muss ihr Arbeitsentgelt dem der Stammbelegschaft entsprechen. Ausnahmen für tarifgebundene Arbeitnehmer sind möglich. Die Arbeitsstättenverordnung ist an die moderne Arbeitswelt angepasst worden. Schon seit dem 03.12.2016 sind die Anforderungen an einen Telearbeitsplatz oder Pausenräume klarer geregelt. Künftig müssen auch psychische Belastungen bei der Beurteilung von Gefährdungen berücksichtigt werden. Außerdem können die Arbeitsagenturen Beschäftigte in Kleinstbetrieben leichter fördern, wenn diese sich für eine berufliche Weiterbildung entscheiden. Kleinere Arbeitgeber brauchen sich nicht mehr an den Kosten zu beteiligen.
Zwangsverrentung bei langer Arbeitslosigkeit entfällt
Ab 2017 gibt es einen flexibleren Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand: Wer eine Regelaltersrente bezieht und trotzdem weiterarbeitet, erhöht seinen Rentenanspruch, wenn er weiter Beiträge zahlt. So kann man seine Rente um bis zu 9% jährlich steigern. Die Beiträge des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung entfallen zunächst für die Dauer von fünf Jahren. Mit Jahresbeginn 2017 lassen sich Teilrente und Hinzuverdienst individuell kombinieren. Zudem tritt die sogenannte Unbilligkeitsverordnung in Kraft. Diese wirkt einer „Zwangsverrentung“ entgegen. Wer Leistungen aus der Grundsicherung für Erwerbsfähige bezieht, wird nicht mehr zum Eintritt in eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen verpflichtet, wenn die Höhe dieser Rente zur Bedürftigkeit, also zum Bezug von Grundsicherungsleistungen im Alter führen würde.
Mehr Klarheit bei Riester- und Basisrentenverträgen
Aus Transparenzgründen sind künftig alle Anbieter von Riester- oder Basisrentenverträgen verpflichtet, ihren Kunden vor Abschluss des Vertrages ein umfassendes Produktinformationsblatt vorzulegen. Auch die Kosten des Vertrages sind zu benennen. Sind sie nicht aufgeführt, muss der Kunde sie nicht übernehmen. Kostenänderungen müssen die Anbieter ebenfalls anzeigen.
Beitrag zu allgemeiner Rentenversicherung bleibt stabil
Darüber hinaus bleibt wegen der guten Finanzlage der Rentenkasse der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung auch 2017 bei 18,7%. In der knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt er weiterhin 24,8%. Der Mindestbeitrag zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt unverändert bei 84,15 Euro monatlich. Der Beitrag in der Alterssicherung der Landwirte beträgt 2017 monatlich 241 Euro (West) und 216 Euro (Ost).
Mehr Selbstbehalt für Menschen mit Behinderung
Ab 2017 treten auch Verbesserungen für Menschen mit Behinderung in Kraft. Durch das neue Bundesteilhabegesetz werden die Eingliederungshilfe reformiert und die Assistenzleistungen modernisiert. Das Gesetz wird bis 2020 stufenweise umgesetzt. Ab 2017 erhöhen sich die Freibeträge für Erwerbseinkommen um bis zu 260 Euro monatlich. Die Vermögensfreigrenze liegt dann bei 25.000 Euro. Partnereinkommen wird nicht angerechnet. Das Behindertengleichstellungsgesetz trägt seit Juli 2016 dazu bei, Bundeseinrichtungen barrierefreier zu machen. Das gilt nicht nur für bauliche Hindernisse. Am 03.12.2016 hat die Schlichtungsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Behinderte Menschen können sich dorthin wenden, wenn sie Konflikte im öffentlich-rechtlichen Bereich zu lösen haben. Zum Jahresbeginn 2017 wird zudem die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ ins Leben gerufen. Sie soll Menschen unterstützen, die während der Kindheit oder Jugend in Heimen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben.
Grundsicherung wird angehoben
Wer Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht, erhält ab Januar 2017 mehr Geld. Der Regelsatz für Alleinstehende steigt von 404 auf 409 Euro pro Monat. Die Grundsicherung für Kinder zwischen 6 und 13 wird um 21 Euro angehoben. Menschen aus anderen EU-Staaten stehen innerhalb der ersten fünf Jahre keine Sozialleistungen in Deutschland zu. Das gilt für alle, die nicht in Deutschland arbeiten, selbstständig sind oder einen Grundsicherungs-Anspruch aus vorheriger Arbeit erworben haben. Bis zur Ausreise können sie eine einmalige Überbrückungsleistung für höchstens einen Monat bekommen. Bei Bedarf kann ein Darlehen für die Rückreise gewährt werden.
Neues Begutachtungssystem in der Pflege
Durch ein neues Begutachtungssystem wird ab 2017 der tatsächliche Unterstützungsbedarf von Pflegebedürftigen besser erfasst. Der Leistungsumfang wird größer. Allerdings steigt auch der Beitrag 0,2 Prozentpunkte. Aus den bisherigen drei Pflegestufen werden fünf Pflegegrade und der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird neu definiert. Um den Unterstützungsbedarf festzustellen, wird künftig der Grad der Selbstständigkeit gemessen – unabhängig davon, ob es sich um eine geistige oder körperliche Einschränkung handelt. Für viele ergeben sich daraus höhere Leistungen. Künftig können die Gemeinden die pflegerische Versorgung besser mitplanen. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen umfassender vor Ort beraten werden und häusliche Pflegedienste werden strenger kontrolliert.
Kein Teleshopping für Medikamente
Zum 01.01.2017 tritt auch die Novelle des Arzneimittelgesetzes in Kraft. Verschreibungspflichtige Medikamente gibt es danach künftig nur, wenn vorher Arzt und Patient direkten Kontakt hatten. Teleshopping für Medikamente und ärztliche Leistungen sind verboten. In psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen gibt es künftig eine leistungsorientierte Vergütung. Feste Preise weichen ab 2017 individuellen Budgets für die Kliniken. Hinzu kommen verbindliche Personalvorgaben und eine bessere Verzahnung stationärer mit ambulanten Leistungen. Der allgemeine Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 14,6%. Die Hälfte davon trägt der Arbeitnehmer, die andere Hälfte der Arbeitgeber. Benötigen die Kassen mehr Geld, können sie einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz für 2017 bleibt nach Berechnungen der Bundesregierung stabil und liegt weiterhin bei 1,1%. Die Kassen können je nach Finanzlage davon abweichen.
Neue Beitragsbemessungsgrenzen in Sozialversicherung
Ab 01.01.2017 steigt die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung West von 6.200 Euro in 2016 auf 6.350 Euro im Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze Ost steigt von 5.400 auf 5.700 Euro. Die Versicherungspflichtgrenze in der Gesetzlichen Krankenversicherung erhöht sich 2017 auf 57.650 Euro jährlich (2016: 56.250 Euro). Wer mit seinem Einkommen über dieser Grenze liegt, kann eine private Krankenversicherung abschließen. Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung sinkt 2017 auf 4,8%. Waisenrentner sind ab 2017 in der Gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Bis sie die maßgebende Altersgrenze für die Familienversicherung erreichen – also maximal bis zum 25. Lebensjahr – sind sie beitragsfrei.
Weniger Bürokratie für Unternehmen und Bürger
Die Bundesregierung befreit zudem kleine und mittlere Unternehmen spürbar von bürokratischen Belastungen. Dadurch soll mehr Zeit für das eigentliche Geschäft, für Innovationen, Arbeitsplätze und Ausbildung bleiben. Vom zweiten Bürokratieentlastungsgesetz profitieren rund 3,6 Millionen Unternehmen. Sie sparen künftig 360 Millionen Euro pro Jahr. Die Bundesregierung möchte zukünftig auf Papier-Kommunikation zwischen Bürgern, Unternehmen und Finanzamt in beide Richtungen weitgehend verzichten. Steuerpflichtige müssen ab Januar 2017 bei der elektronischen Steuererklärung Papierbelege, wie Spendenquittungen, nicht mehr einreichen, sondern nur noch für eventuelle Prüfungen aufbewahren.
Kindergeld und Kinderzuschlag steigen
Steuerzahlern bleibt ab Januar 2017 mehr Netto vom Brutto. Kindergeld und Kinderzuschlag steigen. Für Geringverdiener wird der Kinderzuschlag um zehn Euro monatlich angehoben. Das Kindergeld steigt in den kommenden beiden Jahren – um jeweils zwei Euro. Auch die Steuerfreibeträge werden angehoben und die kalte Progression eingedämmt. Die Entlastung der Steuerzahler beträgt rund 6,3 Milliarden Euro pro Jahr. Die Situation Alleinerziehender wird verbessert: Mit der Erhöhung des Mindestunterhalts steigt zum 01.01.2017 auch der Unterhaltsvorschuss für Kinder bis zu fünf Jahren auf 150 Euro monatlich, für Kinder von sechs bis elf Jahren auf 201 Euro pro Monat.
Bessere Bekämpfung von Steuerhinterziehung
Steuerhinterzieher haben es in Zukunft schwerer, Einkommensquellen vor dem Fiskus im Ausland zu verbergen. Für Besteuerungszeiträume ab 2016 kann der weltweite automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten erfolgen. Die entsprechenden Gesetze treten im September 2017 in Kraft. Mit dem Gesetz zur steuerlichen Verlustverrechnung von Kapitalgesellschaften können Kapitalgesellschaften nicht genutzte Verluste auch bei einem Wechsel des Anteilseigners steuerlich geltend machen und mit künftigen Gewinnen verrechnen.
Besserer Schutz für Kapitalanleger
Des Weiteren will die Bundesregierung Schieflagen von Banken vorbeugen und die Steuerzahler schützen. Deshalb verteilt sie die Aufgaben der Finanzmarktstabilisierung zwischen der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FSMA) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neu. Verkaufsprospekte und Informationsblätter zu Vermögensanlagen müssen ab 03.01.2017 zusätzliche Informationen über die Zielgruppe und den Zweck der Anlage sowie zu möglichen Verlusten enthalten. Finanzinstitute sind verpflichtet, umfassend zu bewerten, welche Verluste für Kunden tragbar sind. Sie müssen dies auch regelmäßig überprüfen.
Neuregelungen auch im Straßenverkehr
Auch im Straßenverkehr treten 2017 einige Neuregelungen in Kraft. Vor allem radelnde Eltern können sich freuen: Sie dürfen ihren Nachwuchs künftig auch auf dem Fußweg begleiten. Hinzukommen erweiternde Regelungen zu Rettungsgassen, 30er-Zonen, E-Bikes und Radwegen. Neue Motorräder und Kleinkrafträder werden ab Januar 2017 nur noch dann zugelassen, wenn sie den Schadstoffvorgaben der Euro-4-Norm entsprechen. Gegenüber der bislang geltenden Euro-3-Norm verringert sich der Emissionsausstoß um mehr als die Hälfte. Der maximale Geräuschpegel darf bei Motorrädern über 175 Kubik nicht mehr als 80 dB(A) betragen. Künftig dürfen Klimaanlagen in sämtlichen Fahrzeugen nicht mehr mit fluorierten Treibhausgasen mit einem Treibhaus-Potenzial über 150 befüllt werden. Dazu zählt auch das bisher eingesetzte Kältemittel R134a.
Strengere Standards für Energie und Umwelt
Ab dem 01.01.2017 beträgt die Umlage für Ökostrom, die sogenannte “EEG-Umlage“ nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 6,88 Cent pro Kilowattstunde. Die Vergütung für erneuerbaren Strom wird nicht wie bisher staatlich festgelegt, sondern durch Ausschreibungen am Markt ermittelt. Das heißt: Neue Photovoltaik-Anlagen, Windräder oder Biogas-Anlagen, die mit der wenigsten Förderung auskommen, erhalten den Zuschlag nach dem Prinzip des niedrigsten Preises. Bezirksschornsteinfeger sind künftig verpflichtet, Heizgeräte mit einem „Energielabel“ zu versehen. Halogen-Metalldampflampen (HQI-Lampen) sowie Quecksilberdampflampen (HQL-Lampen), die eine Lichtausbeute von weniger als 80 Lumen pro Watt erzielen, dürfen ab 2017 weder eingebaut noch verkauft werden. Ab Anfang 2017 müssen neu in den Handel kommende Dunstabzugshauben mindestens die Energieeffizienzklasse E erreichen, die schlechtere Energieeffizienzklasse F entfällt. Geschirrspülmittel dürfen nur noch 0,3 Gramm Phosphor enthalten.
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