Eine in zertifizierten Altersvorsorgeverträgen verwendete Klausel, nach der die Abschluss- und Vertriebskosten gleichmäßig auf die ersten fünf Laufzeitjahre verteilt werden, benachteiligt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die Anleger nicht unangemessen.

Die beklagte Investmentgesellschaft bietet unter der Bezeichnung «D. RiesterRente Premium» ein nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz – AltZertG) zertifiziertes Altersvorsorgeprodukt an, bei dem die von Privatkunden geleisteten Beiträge in Investmentfondsanteile angelegt werden. Der klagende Verbraucherschutzverband verlangt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der Klausel Nr. 15.1 in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen: «… Der Anleger zahlt die Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von 5,5%, indem die D. während der ersten fünf Laufzeitjahre der D. RiesterRente Premium von seinen «regelmäßigen Beiträgen» anteilig einen gleichmäßigen Betrag einbehält und nicht in Fondsanteile anlegt.» Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos.

Eine unangemessene Benachteiligung der Anleger im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB liege nicht vor, da die beanstandete Klausel nicht von wesentlichen Grundgedanken der maßgeblichen gesetzlichen Regelung abweiche.

§ 125 InvG, wonach bei Verträgen, bei denen die Abnahme von Anteilen für einen mehrjährigen Zeitraum vereinbart wurde, von jeder der für das erste Jahr vereinbarten Zahlungen höchstens ein Drittel für die Deckung von Kosten verwendet werden darf und die restlichen Kosten auf alle späteren Zahlungen gleichmäßig verteilt werden müssen, sei für die in Rede stehenden zertifizierten Altersvorsorge-Fondssparpläne nicht einschlägig.

Im InvG sei eine Kostenverteilung für zertifizierte Rentensparpläne nicht vorgegeben. Zertifizierte Altersvorsorgeprodukte («RiesterVerträge»), die keine reinen Kapitalanlageprodukte, sondern Versicherungsverträge seien, spreche das InvG nur in § 90 Abs. 1 Satz 3 an, wonach die im vorhergehenden Satz normierte Hinweispflicht nicht für Altersvorsorgeverträge gemäß § 1 Abs. 1 AltZertG gilt. Zu den mit dem Abschluss solcher Verträge verbundenen Kosten treffe das InvG keine Aussage. Auch der Begründung des Investmentänderungsgesetzes vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3089) könne nicht entnommen werden, dass solche Verträge der Regelung des § 125 InvG unterfallen sollten.

Die Beklagte dürfe sich vielmehr an § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG orientieren, wonach die zwischen dem Anbieter des Altersvorsorgevertrages und seinem Vertragspartner getroffene Vereinbarung vorsehen müsse, «dass die angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten gleichmäßig mindestens auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilt werden, soweit sie nicht als Prozentsatz von den Altersvorsorgebeiträgen abgezogen werden». Dem AltZertG könnten Leitlinien für die Gestaltung von Altersvorsorgeprodukten entnommen werden. Auch wenn die Vorgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG nur eine der Voraussetzungen für die Zertifizierung betreffe, sei ihr doch zu entnehmen, dass der Gesetzgeber diesen Mindestzeitraum für ausreichend gehalten habe, um eine angemessene Verteilung der Kosten zu gewährleisten und Altersvorsorge-Sparer vor übermäßiger Kostenbelastung zu schützen. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber einerseits eine bestimmte Kostenverteilung im Zusammenhang mit der Zertifizierung billigen, sie andererseits aber nicht als Leitbild für die Gestaltung von AGB gelten lassen wolle.

Eine Billigung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG vorgesehenen Kostenverteilung könne zudem aus § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG entnommen werden. Danach sei der Rückkaufswert bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt. Bei der Neuregelung von § 169 Abs. 3 VVG habe sich der Gesetzgeber an § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG orientiert (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 53). Auch wenn § 169 Abs. 3 VVG nur für die Berechnung des Rückkaufswerts einer (Kapital-) Lebensversicherung nach Kündigung bzw. Rücktritt gelte, lasse diese Regelung erkennen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine gleichmäßige Verteilung von Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre der Vertragslaufzeit für angemessen halte.

BGH, Urteil vom 07.11.2012 – IV ZR 292/10

(Quelle: beck-fachdienst Versicherungsrecht – FD-VersR 2013, 341248)