Nach § 84 Abs. 1 AktG ist eine vorzeitige Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft für (höchstens) fünf Jahre nach einvernehmlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere Gründe zulässig. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Voraussetzung dafür sei, dass der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Abs. 1 AktG zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung trifft.

Nach § 84 Abs. 1 AktG dürfen Vorstandsmitglieder auf höchstens fünf Jahre bestellt werden; über eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit darf der Aufsichtsrat frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit entscheiden. Im juristischen Schrifttum herrscht Streit darüber, ob die erneute Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter gleichzeitiger Aufhebung seiner bisherigen Bestellung außerhalb der Jahresfrist rechtmäßig ist oder eine unzulässige Umgehung des § 84 Abs. 1 AktG darstellt. Nach Nr. 5.1.2 des DCGK (Deutscher Corporate Governance Kodex) soll eine Wiederbestellung vor Ablauf eines Jahres vor dem Ende der Bestelldauer bei gleichzeitiger Aufhebung der laufenden Bestellung nur bei Vorliegen besonderer Umstände erfolgen.

In dem vom BGH entschiedenen Fall ist der Kläger Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, an der zwei Familienstämme beteiligt sind. Am Tag vor der Hauptversammlung vom 07.07.2007 beschloss der Aufsichtsrat, zwei Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm zuzurechnen waren, unter einvernehmlicher Aufhebung ihrer noch bis zum Januar 2010 laufenden Bestellung für jeweils fünf Jahre bis Juli 2012 erneut zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen. Der Kläger beantragte festzustellen, dass die Aufsichtsratsbeschlüsse über die Wiederbestellung der beiden Vorstandsmitglieder nichtig sind.

as Landgericht Frankenthal hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht Zweibrücken hat ihr stattgegeben. Nach Feststellungen des OLG wurden die Beschlüsse über die vorzeitige Wiederbestellung für fünf Jahre vor dem Hintergrund von Streitigkeiten zwischen den Familienstämmen gefasst, um für den am nächsten Tag von der Hauptversammlung zu wählenden neuen Aufsichtsrat vollendete Tatsachen zu schaffen.

Der BGH hat entschieden, dass nach § 84 Abs. 1 AktG eine Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds für (höchstens) fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere Gründe zulässig ist. Sowohl die Gesetzgebungsgeschichte als auch der Sinn und Zweck des § 84 Abs. 1 AktG ließen diese Möglichkeit zu, so der Zweite Zivilsenat. Entscheidend sei danach, dass der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Abs. 1 AktG zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung trifft.

Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt, befanden die BGH-Richter. Dass der neue Aufsichtsrat durch die Entscheidung gebunden werde, mache sie nicht unzulässig. Denn der Aufsichtsrat in seiner jeweiligen personellen Zusammensetzung habe kein Recht, den Vorstand ohne Rücksicht auf die Laufzeit der Bestellungen mit Mitgliedern seines Vertrauens zu besetzen. Gründe, aus denen die Wiederbestellung im konkreten Fall rechtsmissbräuchlich hätte sein können, waren laut BGH nicht ersichtlich.

BGH, Urteil vom 16.07.2012 – II ZR 55/11