Die vereinbarte Unkündbarkeit gesonderter Kostenausgleichsvereinbarungen (sogenannter Nettopolicen) zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bei Abschluss eines Vertrages über eine fondsgebundene Renten- oder Lebensversicherung ist unzulässig. Das hat der Vierte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in zwei Fällen klargestellt.

Ein in Liechtenstein ansässiger Lebensversicherer hatte in Deutschland wohnenden Kunden den Abschluss von (fondsgebundenen) Rentenversicherungen angeboten. Die auf einem einheitlichen Formular aufgenommenen Anträge beinhalteten zum einen den Versicherungsvertrag sowie zum anderen eine Nettopolice. In dieser Kostenausgleichsvereinbarung verpflichtete sich der Versicherungsnehmer einen bestimmten Betrag für Abschluss- und Einrichtungskosten in 48 monatlichen Raten an den Versicherer zu zahlen. Im Antrag ist bestimmt, dass die Auflösung des Versicherungsvertrages grundsätzlich nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung führt und dass diese auch nicht kündbar ist.

Die beklagten Versicherungsnehmer kündigten den Versicherungsvertrag, stellten ferner die Zahlung auf die Kostenausgleichsvereinbarung ein und widerriefen ihre Vertragserklärungen. Die Parteien streiten jeweils mit Klage und Widerklage um die Zahlungsansprüche aus den Verträgen. Die Versicherung verlangte mit ihren Klagen die Zahlung restlicher Abschluss- und Einrichtungskosten gemäß der Nettopolice. Die Versicherungsnehmer begehren im Wege der Widerklage die Rückzahlung der auf die Kostenausgleichsvereinbarung bereits geleisteten Beträge zuzüglich des Rückkaufswertes des Versicherungsvertrages.

In der Sache IV ZR 295/13 hatten die Vorinstanzen der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, in der Sache IV ZR 255/13 hatten sie umgekehrt die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit ihren von den Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien jeweils ihr Begehren weiter, soweit sie in den Vorinstanzen unterlegen sind. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass dem Versicherer kein Zahlungsanspruch aus der jeweiligen Kostenausgleichsvereinbarung mehr zusteht, die Klagen der Versicherer also keinen Erfolg haben.

Zwar ist laut BGH der Abschluss einer Kostenausgleichsvereinbarung, die rechtlich selbständig neben dem Versicherungsvertrag steht, nicht wegen Verstoßes gegen § 169 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 VVG unwirksam und es liegt auch keine unzulässige Umgehung vor. Die Versicherungsnehmer seien aber berechtigt, die Kostenausgleichsvereinbarung zu kündigen. Der BGH verweist darauf, dass eine Regelung in den AGB, nach der die Nettopolice unkündbar ist und der Versicherungsnehmer die Abschlusskosten unabhängig vom Fortbestand des Versicherungsvertrages zu zahlen hat, wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB verstößt.

Denn während ein Abzug bei der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien allenfalls dazu führen könne, dass der Versicherungsnehmer keinen oder einen nur ganz geringfügigen Rückkaufswert erhalte, aber in keinem Fall mit weiteren noch nicht getilgten Abschlusskosten belastet wird, könne die gesonderte Kostenausgleichsvereinbarung, wenn sie als unkündbar ausgestaltet wird, dazu führen, dass der Versicherungsnehmer mit Verbindlichkeiten belastet wird, die über dem Rückkaufswert liegen. Er erhalte dann trotz Kündigung der Versicherung wirtschaftlich nicht nur keinen Rückkaufswert, sondern müsse weitere Zahlungen an den Versicherer leisten.

Der BGH ließ offen, ob in den von den Versicherungsnehmern abgegebenen Erklärungen jeweils eine Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung zu sehen ist. Denn dem Zahlungsanspruch der Versicherung stehe jedenfalls der von den Beklagten erklärte Widerruf ihrer auf Abschluss des Versicherungsvertrages gerichteten Willenserklärungen entgegen. Die Beklagten konnten laut BGH den Vertrag noch widerrufen, da die dreißigtägige Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Denn der Beginn der Widerrufsfrist setze nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und die Rechtsfolgen des Widerrufs voraus. Dies hätte in der Widerrufsbelehrung zum Versicherungsvertrag einen Hinweis erfordert, dass im Fall eines Widerrufs auch der Vertrag über die Kostenausgleichsvereinbarung nicht zustande kommt. Daran fehlte es. Da der wirksame Widerruf auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt, waren die Widerklagen der Versicherungsnehmer erfolgreich.

BGH, Urteil vom 12.03.2014 – IV ZR 295/13; IV ZR 255/13

(Quelle: Beck online)