Ein Betriebsteilübergang kann auch dann vorliegen, wenn das neue Unternehmen sächliche Betriebsmittel nicht übernommen hat. Das gilt insbesondere für den IT-Servicebereich, in dem nicht die EDV-Systeme und Computer identitätsprägend sind, sondern die menschliche Arbeitskraft für die wirtschaftliche Wertschöpfung entscheidend ist.
Der Kläger war als IT-Systemtechniker und EDV-Mitarbeiter einer Gesellschaft tätig, die sich vorwiegend mit der Installation und Wartung von EDV-Produkten, Schulungen, Call Help und Central Support beschäftigte. Als die Gesellschaft in Zahlungsschwierigkeiten geriet, erhielt der Insolvenzverwalter ein Kaufangebot für die Service-Verträge. Daraufhin kündigte der Insolvenzverwalter dem IT-Systemtechniker. Er sei dem Betriebsteil „Druck“ zuzuordnen, der von der Erwerberin nicht übernommen würde.
Der Kläger meint, der Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei insgesamt auf die Beklagte übergegangen. Eine eigene Abteilung „Druckerwartung“ habe es bei der Insolvenzschuldnerin nicht gegeben. Im Übrigen sei er in allen Bereichen von Service und Wartung eingesetzt worden.
Das Arbeitsgericht hat im Juli 2010 rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung des Insolvenzverwalters nicht beendet worden ist. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen festgestellt, dass zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht und die Beklagte verurteilt, den Kläger als EDV-Servicemitarbeiter zu beschäftigen. Die Revision der Beklagten vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte insoweit Erfolg, als das BAG das Urteil des LAG Niedersachsen aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen hat.
Zwar habe das LAG überzeugend argumentiert, das ein Betriebsteilübergang stattgefunden hat. So habe die Beklagte den Betrieb der Insolvenzschuldnerin übernommen. Die Leistungen, welche die Beklagte gegenüber den Kunden erbringe, seien mit denen der Insolvenzschuldnerin mit Ausnahme der Bereiche „Druckerwartung“, „Netzwerk-Support“ und „Graudata Storage Systeme“ im Wesentlichen identisch. Unerheblich sei, dass die Beklagte einen eigenen Vertrieb, ein eigenes Marketing und eine eigene Stammdatenverwaltung betreibe, da dies bloße Hilfstätigkeiten zur Führung des Betriebs seien. Betriebszweck sei jeweils die Wartung von EDV-Systemen, wobei die Kundenakquise nur ein notwendiger Zwischenschritt zur Erbringung der Dienstleistungen sei. Der Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei nicht durch seine Betriebsmittel geprägt worden.
Der Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs habe vielmehr in den immateriellen Betriebsmitteln, den Geschäftsbeziehungen zu Dritten, dem Kundenstamm, Kundenlisten, dem Know-how und der Einführung am Markt bestanden. Die Beklagte beschäftige einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals der Insolvenzschuldnerin, dh. mindestens 50 von 80 Arbeitnehmern. Hierzu gehörten Service-Mitarbeiter, vor allem aber die Führungsriege der Insolvenzschuldnerin, die ähnliche Aufgaben wie zuvor erledige. Damit gehe auch die Aufrechterhaltung der wesentlichen Organisationsstruktur einher. Entscheidend sei, dass die wesentliche Aufgabenverteilung gleich geblieben sei.
Für die Frage, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergegangen ist, kommt es jetzt entscheidend darauf an, ob sein Arbeitsverhältnis dem „IT-Service“ oder dem nicht übernommenen Betriebsteil „Druckerwartung“ zuzuordnen war. Das hat das LAG Niedersachsen noch zu klären.
BAG, Urteil vom 21.06.2012; Aktenzeichen: 8 AZR 181/11
(Quelle: Rechtsprechungsdatenbank BAG)