Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband ist jedenfalls dann dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet, die unverzügliche Umsetzung eines Beschlusses zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums gegenüber dem Verwalter durchzusetzen, wenn der Beschluss den Zweck hat, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des Wohnungseigentümers unbenutzbar macht.
Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach einem heftigen Regen drang im Jahr 2007 Wasser durch die Decke in ihre Wohnung im Obergeschoß. Zunächst war im Anschluss an die Einholung eines Sachverständigengutachtens und entgegen dessen Empfehlungen nur eine Teilsanierung beschlossen worden, die sich aber nach Auskunft des beauftragten Handwerkers als nicht durchführbar erwies; daraufhin beschlossen die Wohnungseigentümer im November 2009 eine vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums. Der Beschluss wurde nur mit erheblicher Verzögerung durchgeführt. Die Kläger begehren von der Gemeinschaft die Feststellung, dass sie sich mit der Schadensbeseitigung in Verzug befunden hat.
Nach Auffassung des BGH haben sich seit dem Zeitpunkt der Bestandskraft des Beschlusses über eine umfassende Sanierung nicht nur die einzelnen Wohnungseigentümer, sondern auch der beklagte Verband selbst mit der Schadensbeseitigung in Verzug befunden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis verpflichtet, den Verwalter zur unverzüglichen Umsetzung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer anzuhalten. Dieses Treueverhältnis bestehe im Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu dem einzelnen Wohnungseigentümer, woraus sich dessen Verpflichtung abgeleitet, dem Verband Schadensersatz zu leisten, wenn er seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der ordnungsmäßigen Verwaltung der Gemeinschaft nach § 21 IV WEG nicht nachkommt. Kehrseite dieser Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers sei die Verpflichtung des Verbands, die gefassten Beschlüsse umzusetzen. Die Umsetzung obliege nach § 27 I WEG dem Verwalter, der dem Verband auf Erfüllung und gegebenenfalls auf Schadensersatz haftet. Der Verband sei jedenfalls dann dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet, diesen Anspruch gegenüber dem Verwalter durchzusetzen, wenn die gefassten Beschlüsse – wie hier – den Zweck hätten, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des Wohnungseigentümers unbenutzbar macht.
Diese Pflicht sei verletzt, wenn die Umsetzung des Beschlusses nach Eintritt der Bestandskraft unterbleibt. Mit dem Einwand, der Beschluss widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, sei die Beklagte nach Eintritt der Bestandskraft ausgeschlossen. Verzug sei nach § 286 II Nr. 4 BGB mit dem Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses eingetreten, ohne dass es einer Mahnung, einer Klage oder anderer den Verzug begründender Maßnahmen der Kläger bedurft hätte. Solche Maßnahmen seien angesichts der besonderen Umstände ausnahmsweise nicht erforderlich gewesen. Die Wohnungseigentümer hätten seit Eingang des Sachverständigengutachtens gewusst, dass der Schwammschaden am Gemeinschaftseigentum vollständig beseitigt werden musste. Weiter hätten sie spätestens seit der Ablehnung einer Teil-sanierung durch den damit beauftragten Handwerker auch gewusst, dass die vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums nicht zu vermeiden war. Ein solches Vorgehen hätten sie dann auch beschlossen. Deshalb sei eine Mahnung entbehrlich gewesen und Verzug mit dem Ablauf der Anfechtungsfrist eingetreten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe eine Verletzung der Pflicht zur Umsetzung gefasster bestandskräftiger Beschlüsse zwar grundsätzlich erst zu vertreten, wenn die Umsetzung auch nach Ablauf eines angemessenen Vorbereitungszeitraums unterbleibt. Einen solchen Vorbereitungszeitraum habe die Beklagte hier aber nicht benötigt. Was zu tun war, sei ihr längst bekannt gewesen, zudem hätte sie aus Anlass der Teilsanierung auch bereits einen geeigneten Handwerker zur Hand gehabt.
BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11
(Quelle: beck-fachdienst Mietrecht – FD-MietR 2012, 337446)