Dem Beschuldigten die Nichtinhaftierung als Gegenzug zur Ablegung eines Geständnisses zu versprechen, ohne dass durch dieses die Fluchtgefahr ausgeräumt ist, stellt ein Verstoß gegen § 136a I 3 StPO dar.

Die StA hat gegen den Angeschuldigten (A) wegen des Vorwurfs des schweren Raubes Anklage zum LG erhoben. Als Beweismittel hat die StA u.a. die geständige Einlassung von A herangezogen, welche A gegenüber dem vernehmenden Polizeibeamten (P) im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung abgegeben hat. A hat gegenüber P seine Aussagebereitschaft von dem Nichtergehen eines Untersuchungshaftbefehls abhängig gemacht. P hat daraufhin mit der StA Rücksprache gehalten und anschließend erklärt, dass kein Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt werde. In einem Vermerk über diese Vernehmung heißt es, dass auf den Antrag auf Untersuchungshaft „insbesondere“ verzichtet worden sei, „da der Tatverdächtige im Rahmen des Vorgesprächs bereits signalisiert hatte, nur ein Geständnis abzulegen, wenn er nicht in Untersuchungshaft ginge“. Das LG hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Es sei nicht davon auszugehen, dass mit den Beweismitteln und Erkenntnismöglichkeiten in der Hauptverhandlung eine Verurteilung wegen der angeklagten Straftat wahrscheinlich ist, da das Geständnis von A nicht verwertbar sei und die übrigen Beweismitteln nicht ausreichen würden viagra in holland. Gegen diesen Beschluss hat die StA sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 210 II StPO statthaft, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat die für die Eröffnung des Hauptverfahrens nach Maßgabe des § 203 StPO erforderliche Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung mit zutreffender Begründung verneint.

Hinreichender Verdacht i.S.v. § 203 StPO besteht bei vorläufiger Tatbewertung in der Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung. Dabei muss sich die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung auch auf die Beweisbarkeit erstrecken, wobei im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung auch Beweisverwertungsverbote zu beachten sind. An diesen Voraussetzungen gemessen, erweist sich die Entscheidung des LG als zutreffend, denn ohne ein Geständnis ist der erforderliche hinreichende Tatverdacht nicht gegeben.

Die im Ermittlungsverfahren gegenüber P abgegebene geständige Einlassung von A hat das LG wegen eines Verstoßes gegen § 136a I 3 Alt. 2 StPO gemäß § 136a III 2 StPO zu Recht als unverwertbar angesehen. Ein Verstoß gegen § 136a I 3 Alt. 2 StPO liegt insbesondere vor, wenn eine Haftentlassung für den Fall versprochen wird, dass der Beschuldigte ein Geständnis ablegt und hierdurch der Haftgrund der Fluchtgefahr nicht ausgeräumt werden kann. Der in Aussicht gestellte Vorteil (der „Nichtinhaftierung“) ist mit dem Erfordernis eines Geständnisses verknüpft worden. Der Haftgrund der Fluchtgefahr hat zum Zeitpunkt der vorläufigen Festnahme und der Beschuldigtenvernehmung durch P objektiv vorgelegen. A stand noch unter laufender Bewährung und musste mit deren Widerruf rechnen. Von Fluchtgefahr ist auch die Polizei ausgegangen, welche A vorläufig festnahm. A ist nicht auf frischer Tat betroffen oder verfolgt worden, sodass für die vorläufige Festnahme allein der Festnahmegrund des § 127 II StPO in Betracht kam.

Selbst wenn aber davon abweichend der zum Zeitpunkt der Vernehmung zuständige StA, der sich nach dem von ihm gefertigten Aktenvermerk weder an das mit P in dieser Sache geführte Telefonat noch an dessen konkreten Inhalt erinnern kann, unabhängig von einer etwaigen Einlassung den Haftgrund der Fluchtgefahr verneint haben sollte, erscheint es bei lebensnaher Betrachtung ausgeschlossen, dass der P dem damaligen Beschuldigten dieses Ergebnis der Prüfung (und Verneinung) etwaiger Haftgründe mitgeteilt hat und dieser daher tatsächlich davon ausgegangen ist, dass die StA im Hinblick auf das Fehlen von Haftgründen ohnehin keinen Haftbefehlsantrag stellen würde. Die Ausführungen des Zeugen P in den von ihm gefertigten Aktenvermerken verhalten sich zu der Frage, was konkret er A nach Rücksprache mit der StA und vor Eintritt in die Beschuldigtenvernehmung mitgeteilt hat, nicht, obwohl die Strafkammer ausdrücklich gerade auch danach gefragt hat, welche Erklärungen P gegenüber A abgegeben hat. Im Übrigen erscheint es kaum nachvollziehbar, dass sich A, dem es nach dem Vorgespräch maßgeblich darum ging, nicht inhaftiert zu werden, „ohne Not“ zu einem umfassenden Geständnis entschlossen hätte, wenn er davon ausgegangen wäre, dass unabhängig von einer etwaigen Einlassung die StA mangels Vorliegens von Haftgründen ohnehin keinen Haftbefehlsantrag gestellt hätte. Ebenso wenig lebensnah erscheint die Annahme, A sei bewusst gewesen, dass ohne seine Einlassung ein dringender Tatverdacht gegen ihn nicht hätte begründet werden können. Naheliegend ist vielmehr, dass A mit Blick auf seine zuvor erfolgte vorläufige Festnahme jedenfalls subjektiv davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Beantragung eines Haftbefehls vorgelegen haben und er einen Haftbefehlsantrag allenfalls durch das von ihm in Aussicht gestellte Geständnis abwenden konnte. Dadurch ist jedoch seine Willensentschließung und Willensbetätigung nach Maßgabe des § 136a I 3 Alt. 2 StPO unzulässig beeinträchtigt worden. Dabei spielt es im Übrigen keine Rolle, ob die Verknüpfung zwischen Vorteil und Geständnis von den Ermittlungsbeamten oder – wie vorliegend – zunächst durch A selbst hergestellt worden ist. Entscheidend ist, dass der P in Absprache mit der StA diese Verknüpfung aufgegriffen und zum Anlass für eine telefonische Absprache mit dieser genommen hat. Ausgehend von der zu Recht angenommenen Unverwertbarkeit des Geständnisses von A ist auch die von der Strafkammer im Übrigen getroffene negative Beweisbarkeitsprognose nicht zu beanstanden.

OLG Köln, Beschluss vom 24.06.2013 – 2 Ws 264/13

(Quelle: beck-fachdienst Strafrecht – FD-StrR 2013, 351513)