Die arglistig falsche Darstellung eines Schadenshergangs gegenüber dem Jagdhaftpflichtversicherer lässt nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe den Versicherungsschutz auch dann entfallen, wenn der wahre Sachverhalt vom Versicherungsschutz erfasst worden wäre.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Versicherungsschutz aus einer seit 2007 bestehenden Jagd-Haftpflichtversicherung. In seiner Schadenmeldung und auch noch in seiner Deckungsklage hatte er vorgetragen, dass eine Frau S. am 04.12.2008 durch seine nicht geprüften Jagdhunde geschädigt worden sei. Nach Beendigung einer Gesellschaftsjagd habe er seine Hunde an der Leine geführt. Frau S. sei als Treiberin an der Jagd beteiligt gewesen. Beide Hunde seien plötzlich wegen eines Rehs losgejagt und hätten mit der Leine Frau S. umgerissen.

Diese habe unter anderem einen Meniskus- und einen Bänderabriss erlitten und habe mehrmals operiert werden müssen, wofür sie vom Kläger Schmerzensgeld verlange. Bei seiner Anhörung vor dem Landgericht räumte der Kläger dann allerdings ein, dass der Unfall anders abgelaufen war. Er habe seine Hunde nicht an der Leine geführt, sondern beide schon morgens vor der Jagd an Frau S. übergeben. Er selbst sei erst nach dem Unfall hinzugekommen.

Das LG gab seiner Klage auf Deckungsschutz statt, da zwar eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung vorliege. Diese habe aber keinen nachteiligen Einfluss auf die Belange des Versicherers gehabt. Auf die Berufung des beklagten Versicherers hob das OLG das LG-Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Beklagte ist nach Ansicht des OLG von ihrer Leistungspflicht frei geworden, weil der Kläger seine Obliegenheit zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Schadenschilderung gemäß § 5 Abs. 3 AHB 2005 (Ziff. 25.2 AHB 2008) nicht nur vorsätzlich, sondern arglistig verletzt hat.

Das Verhalten des Klägers sei generell geeignet gewesen, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden (BGH, Urteil vom 11.02.1998 – IV ZR 89/97, r+s 1998, 142). Dies ergebe sich schon daraus, dass die beiden Geschehensvarianten haftungsrechtlich unterschiedlich zu bewerten seien. Nach der zunächst geschilderten Variante sei dem Grunde nach ohne weiteres von einer Tierhalterhaftung des Klägers nach § 833 BGB auszugehen gewesen. Ein Mitverschulden der Geschädigten habe eher ferngelegen.

Nach der zuletzt vom Kläger eingeräumten Variante komme dagegen in Betracht, dass die Geschädigte als Tieraufseherin im Sinne von § 834 Satz 1 BGB zu behandeln sei. Sei jedoch der Aufseher selbst der Verletzte, hafte der Tierhalter zwar auch nach § 833 BGB, jedoch werde ein Mitverschulden des Tieraufsehers vermutet, von dem sich der Tieraufseher gemäß § 834 Satz 2 BGB zu entlasten habe (Palandt, BGB, 72. Auflage, 2013, § 834, Rn. 3 m.w.N.). Fehlten andere Anhaltspunkte hafteten beide je zur Hälfte (OLG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1995 – 22 U 82/94, r+s 1996, 137). Damit stelle sich der gegen den Kläger geltend gemachte Haftpflichtanspruch zum Nachteil der Beklagten in wesentlichen Punkten zu Grund und Höhe anders dar als in der Schadensmeldung geschildert.

Da der Kläger arglistig gehandelt habe, komme es nicht darauf an, ob die Beklagte den Kläger über den drohenden Anspruchsverlust bei Falschangaben belehrt habe (BGH, Beschluss vom 04.05.2009 – IV ZR 62/07, r+s 2009, 295). Der Kläger habe eingeräumt, dass er den Schadenfall seinem Versicherungsmakler zutreffend geschildert habe. Dieser habe jedoch erklärt, dass man das so nicht schreiben könne. Er habe die vom Makler formulierte unzutreffende Schadensschilderung in der Annahme unterzeichnet, damit eine Leistung der Beklagten zu erlangen, die bei wahrheitsgemäßer Schilderung nicht oder so nicht zu erwarten sei. Hinsichtlich der Beeinflussung des Versicherers reiche bedingter Vorsatz aus, der sich auch nicht auf die Vermögensinteressen des Versicherers beziehen müsse (Schwintowski / Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl., § 28 VVG, Rdnr. 95). Dass er dem Rat des Versicherungsmaklers gefolgt sei, entlaste den Kläger nicht. Die Arglist führe zum vollen Verlust des Versicherungsschutzes (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.1993 – IV ZR 120/92, r+s 1993, 348).

OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.06.2013 – 12 U 204/12

(Quelle: beck-fachdienst Versicherungsrecht – FD-VersR 2013, 348082)