Wer im Straßenverkehr «drängelt», muss künftig schon dann mit einem Bußgeld rechnen, wenn die vorwerfbare Dauer der Unterschreitung des im Straßenverkehr vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes mindestens drei Sekunden oder die Strecke der vorwerfbaren Unterschreitung mindestens 140 Meter beträgt. Das hat der Erste Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 09.07.2013 entschieden.
Der 57 Jahre alte Betroffene fuhr mit seinem Pkw auf der BAB 1 in Fahrtrichtung Bremen. Zwischen dem Westhofener Kreuz und dem Kreuz Dortmund/Unna stellte die Polizei im Rahmen einer Verkehrsüberwachung fest, dass er mit einer Geschwindigkeit von 131 km/h über eine Strecke von 123 Metern lediglich einen Abstand von 26 Metern zum vorausfahrenden Fahrzeug einhielt. Aufgrund dieser Fahrweise verurteilte das Amtsgericht Unna den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 180 Euro.
Das OLG hat die Verurteilung bestätigt und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen. Ein Abstandsverstoß könne nach der Rechtsprechung geahndet werden, wenn die vorwerfbare Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend sei. Situationen, die nur kurzzeitig zu einem zu geringen Abstand führten wie zum Beispiel das plötzliche Abbremsen oder ein abstandsverkürzender Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs, stellten keine schuldhafte Pflichtverletzung dar.
Die Frage, wann eine Abstandsunterschreitung nicht nur vorübergehend sei, werde in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach Ansicht des OLG ist sie in erster Linie nach ihrer zeitlichen Dauer zu beantworten. Bei einer Abstandsunterschreitung von mehr als drei Sekunden liege kein kurzfristiges Versagen des Fahrzeugführers mehr vor, wenn von ihm nicht zu vertretende, abstandsverkürzende Ereignisse ausgeschlossen werden könnten. Auch unter Berücksichtigung üblicher Reaktionszeiten sei von einem Fahrzeugführer zu verlangen, dass er bei einer Abstandsunterschreitung innerhalb von drei Sekunden handele, um den Sicherheitsabstand wieder zu vergrößern. Im vorliegenden Fall habe das der Betroffene versäumt. Nach dem Ergebnis der Verkehrsüberwachung sei er mehr als drei Sekunden mit einem ihm vorwerfbaren zu geringen Sicherheitsabstand gefahren.
Um besonders schnell fahrende Fahrzeuge nicht zu privilegieren, sei es – alternativ zu einer vorwerfbaren Abstandsunterschreitung von drei Sekunden – auch ausreichend, wenn diese jedenfalls eine Strecke von 140 Metern ausmache. Wer 140 Meter in weniger als drei Sekunden zurücklege, überschreite die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen deutlich und erhöhe dadurch die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs. Er müsse deswegen den erforderlichen Mindestabstand auch schneller wiederherstellen.
OLG Hamm, Beschluss vom 09.08.2013 – 1 RBs 78/13
(Quelle: Beck online)