Verursacht ein angestellter Kraftfahrer einen Schaden an einem Fahrzeug, das sein Arbeitgeber angemietet hat, so kann er sich auch bei direkter Inanspruchnahme durch den Vermieter auf Haftungsfreizeichnungen berufen, die der Arbeitgeber mit dem Vermieter vereinbart hat. Dies gilt nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein selbst dann, wenn die Haftungsbegrenzung nicht ausdrücklich auch für den Fahrer vereinbart war. Der Fahrer kann sich bei direkter Inanspruchnahme auch auf Leistungskürzungen nach der Schwere des Verschuldens berufen.

Die Klägerin ist gewerbliche Autovermieterin. Die Fahrzeuge sind haftpflichtversichert, eine Vollkaskoversicherung besteht nicht. Der Beklagte betreibt eine Spedition und beschäftigt einen Fahrer in Vollzeit zu monatlich brutto 1.250 EUR. Dieser Arbeitnehmer ist 1973 geboren, verheiratet und laut Lohnsteuerkarte einem Kind zum Unterhalt verpflichtet.

Der Beklagte mietete einen Lkw. Vereinbart war eine Haftungsbegrenzung mit einer Selbstbeteiligung von 1.100 EUR. Sein Fahrer verursachte tagsüber bei Regen einen Verkehrsunfall. Nachdem er ein Stopp-Schild übersehen hatte, fuhr er zügig in eine Kreuzung ein und prallte dort mit einem Pkw zusammen. Aus den urkundlich verwerteten Strafakten ergab ich, dass die Kreuzung und das Stopp-Schuld von weitem zu sehen waren.

Die Klägerin macht die Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend, weil gegen den Fahrer Vollstreckungsbescheid ergangen war und die Klägerin den Freistellungsanspruch pfändete. Das Arbeitsgericht hatte die Klage erstinstanzlich abgewiesen mit der Begründung, wegen des grob fahrlässigen Verhaltens des Kraftfahrers habe dieser keinen Freistellungsanspruch gegen den Beklagten. Die Klägerin legte Berufung ein, die teilweise erfolgreich verlief.

Die Klägerin habe gegen den Beklagten aus gepfändetem Recht einen Anspruch, allerdings nicht in voller Höhe, so das LAG. Zunächst sei zu prüfen, in welcher Höhe die Klägerin gegen den Kraftfahrer Schadenersatz habe. Gegenüber dem Beklagten könne sich der Kraftfahrer auf einen Freistellungsanspruch nur in der Höhe berufen, die er bei sachgerechter Verteidigung gegenüber der Klägerin hätte erreichen können.

Bei entsprechender Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG hätte dies bei streitiger Auseinandersetzung dazu geführt, dass ihre Forderung zu 50% berechtigt gewesen wäre. Der Schutz einer Vollkaskoversicherung und, bei Fehlen einer solchen Versicherung, bei einer entsprechenden der Schutz einer vertraglichen Vereinbarung greife auch zugunsten des Kraftfahrers. Dies gelte selbst dann, wenn dieser nicht ausdrücklich in den Schutzbereich der Vereinbarung mit einbezogen worden sei.

Soweit Haftungsbeschränkungen bei grober Fahrlässigkeit nicht gelten sollen, verstoße eine solche Vereinbarung gegen § 307 Abs. 2 BGB. Grob fahrlässig sei das Verhalten des Kraftfahrers, allerdings führe die Abwägung der «Schwere des Verschuldens» zu einer Quote von 50:50.

Die Haftung des Kraftfahrers sei allerdings auf drei Monatsbruttogehälter begrenzt. Die besonderen Verhältnisse, insbesondere der Verdienst des Arbeitnehmers, müssten berücksichtigt werden.

AG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.03.2014 – 4 Sa 295/13

(Quelle: beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht – FD-StrVR 2014, 359167)