Erkrankt ein Arbeitnehmer, so ist der Arbeitgeber berechtigt, bereits am ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu verlangen. Dies stellt das Bundesarbeitsgericht unter Verweis auf § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG klar. Die Ausübung dieses Rechts stehe im nicht an besondere Voraussetzungen gebundenen Ermessen des Arbeitgebers.
Die Klägerin ist bei der beklagten Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Sie stellte für den 30.11.2010 einen Dienstreiseantrag, dem ihr Vorgesetzter nicht entsprach. Eine nochmalige Anfrage der Klägerin wegen der Dienstreisegenehmigung am 29.11.2010 wurde abschlägig beschieden. Am 30.11.2010 meldete sich die Klägerin krank. Am Folgetag erschien sie wieder zur Arbeit. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, künftig schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen. Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Widerruf dieser Weisung begehrt und geltend gemacht, das Verlangen des Arbeitgebers auf Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits für den ersten Tag der Erkrankung bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung. Außerdem sehe der für die Beklagte geltende Tarifvertrag kein derartiges Recht vor.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Die Ausübung des dem Arbeitgeber von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG eingeräumten Rechts stehe im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Eine tarifliche Regelung stehe dem nur entgegen, wenn sie das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausdrücklich ausschließe. Das sei vorliegend nicht der Fall gewesen, so das BAG.
BAG, Urteil vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11
(Quelle: Beck online)