Der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie ist bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 07.08.2013 entschieden. Die Verwertung sei dem Unterhaltspflichtigen nicht zumutbar.
Die 1926 geborene Mutter des Antragsgegners lebt in einem Altenpflegeheim. Weil sie die Heimkosten nicht vollständig aus ihrer Rente und den Leistungen der Pflegeversicherung aufbringen kann, gewährt der Antragsteller ihr Leistungen der Sozialhilfe. Der Antragsteller verlangte Erstattung der in der Zeit von Juli 2008 bis Februar 2011 geleisteten Beträge. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsgegner aus seinem Einkommen oder aus seinem Vermögen leistungsfähig ist.
Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2008 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 27.497,92 Euro, woraus das Oberlandesgericht ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.121 Euro errechnete. Er ist Eigentümer einer aus drei Zimmern bestehenden Eigentumswohnung, deren Wohnvorteil das OLG mit 339,02 Euro ermittelt hat. Außerdem ist der Antragsgegner hälftiger Miteigentümer eines Hauses in Italien, dessen anteiliger Wert vom Antragsteller mit 60.000 Euro angegeben wurde, und verfügt über zwei Lebensversicherungen mit Werten von 27.128,13 Euro und 5.559,03 Euro sowie über ein Sparguthaben von 6.412,39 Euro. Eine weitere Lebensversicherung hatte der Antragsgegner gekündigt und deren Wert zur Rückführung von Verbindlichkeiten verwendet, die auf dem Haus in Italien lasteten.
Das Amtsgericht verpflichtete den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Unterhalt in Höhe von insgesamt 5.497,78 Euro zu zahlen. Das Oberlandesgericht verneinte auf der Grundlage der Einkünfte und Nutzungsvorteile von insgesamt rund 1.460 Euro die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners, weil der ihm zu belassende Selbstbehalt von 1.500 Euro nicht überschritten sei. Deshalb wies es die auf weiteren Unterhalt gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurück und auf die Beschwerde des Antragsgegners den Antrag vollständig ab. Dagegen legte der Antragsteller Rechtsbeschwerde ein.
Der BGH hat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das OLG habe schon das Nettoeinkommen nicht fehlerfrei ermittelt. In diesem Zusammenhang führt der BGH aus, dass das unterhaltspflichtige Kind nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen müsse. Einschränkungen ergäben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen seien und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden brauche. Dem diene auch die eigene Altersvorsorge, die der Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben dürfe. Entsprechend bleibe dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Elternunterhalts unangreifbar.
Wie der BGH jetzt entschieden hat, ist der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, weil eine Verwertung nicht zumutbar sei. Übersteige das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, komme eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht.
Außerdem moniert der BGH, dass der Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts für die hier relevante Zeit lediglich 1.400 Euro betragen habe und erst später zum 01.01.2011 auf 1.500 Euro und zum 01.01.2013 auf 1.600 Euro erhöht worden sei. Allerdings habe das OLG die vom Antragsgegner mit monatlich 67,20 Euro angegebenen Fahrtkosten für Besuche bei seiner Mutter unberücksichtigt gelassen, obwohl diese Kosten nach der BGH-Rechtsprechung abzusetzen seien, weil die Besuche einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung entsprechen. Auch dies sei bei der erneuten Prüfung zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 07.08.2013 – XII ZB 269/12
(Quelle: Beck online)