Ein gezieltes Anfahren eines Motorrollers mit einem Pkw stellt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur dann eine gefährliche Körperverletzung mittels gefährlichen Werkzeugs dar, wenn die erlittenen Verletzungen unmittelbar durch den Anstoß und nicht erst durch den anschließenden Sturz verursacht wurden.
Der Angeklagte war mit einer Liebesbeziehung seiner Tochter zu einem Mann nicht einverstanden und verlangte von ihr, sich zu trennen. Als die Tochter dies nicht tat, entschloss er sich, zusammen mit seinem Sohn, dem zweiten Angeklagten, die Tochter mit Gewalt «zur Vernunft» zu bringen. Sie lauerten in einem Pkw der Tochter auf, als sie als Beifahrerin auf einem Motorroller mit ihrem Freund unterwegs war. Die Angeklagten nahmen die Verfolgung und konnten den Motorroller schließlich von hinten rammen. Beim zweiten Rammversuch wurde der Roller über die Fahrbahn, eine Verkehrsinsel, den Gegenverkehr und schließlich in ein Gebüsch geschoben. Dort stürzten die Tochter und ihr Begleiter und verletzten sich.
Die Angeklagten wurden wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung, gefährlicher Körperverletzung, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Sachbeschädigung zu Freiheitsstrafen verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die Angeklagten haben Revision eingelegt und haben damit vorläufigen Erfolg. Die Sache wurde zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Der rechtlichen Wertung des Landgerichts folgte der Revisionssenat nicht. Zwar sei das Kraftfahrzeug als gefährliches Werkzeug anzusehen, eine gefährliche Körperverletzung liege allerdings nur dann vor, wenn die Verletzung durch den Anstoß erfolgt sei. Dazu müsse das LG nun erneut Stellung nehmen.
Auch zur Nötigung ergebe sich aus dem Urteil nichts, denn der Nötigungstatbestand sei ein Erfolgsdelikt und die beabsichtigte Handlung müsse unmittelbar kausal sein zu einem vom Täter geforderten Opferverhalten. Vollendet sei die Nötigung erst dann, wenn der Genötigte die verlangte Handlung vorgenommen oder mit der Ausführung jedenfalls begonnen habe.
BGH, Beschluss vom 20.12.2012 – 4 StR 292/12
(Quelle: beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht – FD-StrVR 2013, 343726)