Die Bausparkasse Badenia muss zwei Schrottimmobilienkäufern Schadensersatz leisten und deshalb 110.000 Euro Zug um Zug gegen die Rückübertragung der erworbenen Eigentumswohnung zahlen. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 27.11.2012 entschieden. Die Käufer seien arglistig über die Höhe der Provisionszahlungen getäuscht worden, die Badenia sei aufgrund eines Wissensvorsprungs aufklärungspflichtig gewesen. Der Schadensersatzanspruch sei auch nicht verjährt gewesen.
Die IHB Immobilien Heinen und Biege GmbH (H&B) vertrieb seit 1990 in großem Umfang von der Bausparkasse Badenia finanzierte Anlageobjekte. Ende 1993 vermittelte sie den beiden Klägern eine kreditfinanzierte Eigentumswohnung. Die Kläger schlossen mit der Badenia einen Darlehensvertrag über ein sogenanntes Vorausdarlehen und zwei nacheinander anzusparende Bausparverträge. Neben einer Vereinbarung über die Mietenverwaltung (Beitritt zur Mietpoolgemeinschaft) unterzeichneten die Kläger einen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag. Darin waren eine Finanzierungsvermittlungsgebühr in Höhe von 2,4% des Kaufpreises und eine Courtage von 3,45% vorgesehen. Anfang Dezember 1993 erwarben die Kläger von der Verkäuferin ALLWO eine 66,24 m² große Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 175.152 DM.
Am 20.12.2004 beauftragten die Kläger ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten. Mit ihrer am 29.12.2008 beim Landgericht Karlsruhe eingegangenen Klage begehrten sie von der Badenia Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten. Unter anderem sei die Badenia wegen eines Wissensvorsprungs von der arglistigen Täuschung über die im Kaufpreis versteckten Provisionen aufklärungspflichtig gewesen. Das LG hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche abgewiesen. Dagegen legten die Kläger Berufung ein.
Das OLG hat das LG-Urteil aufgehoben und die Badenia zur Zahlung von etwa 110.000 Euro Zug um Zug gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung verurteilt. Die Kläger seien jedenfalls über die Höhe der insgesamt anfallenden Vertriebsprovisionen von den Vermittlern arglistig getäuscht worden. Die Angaben in dem Formular zu den Provisionen seien objektiv unrichtig gewesen, da die H&B von der Verkäuferin zusätzliche Provisionen von mehr als 15% des Kaufpreises erhalten habe. Aufgrund der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bei einem institutionalisierten Zusammenwirken von Verkäufer, Vermittler und finanzierender Bank werde der Wissensvorsprung der Badenia über die arglistige Täuschung widerleglich vermutet. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht widerlegt, auf die Vernehmung der von ihr benannten Zeugen habe sie ausdrücklich verzichtet.
Laut OLG ist der Schadensersatzanspruch auch nicht verjährt. Die maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist beginne erst ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs zu laufen. Als die Kläger im November 2010 ihre Klageerweiterung auf die Kenntnis von einer arglistigen Täuschung über die Vermittlungsprovision gestützt hätten, sei diese dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis genüge nicht, dass dem Prozessbevollmächtigten der Kläger 2004 der Prüfbericht des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BaFin) bekannt gewesen sei.
Wie das OLG erläutert, hatte die BaFin im Mai 2001 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte und Touche mit der Prüfung des Geschäfts der Badenia mit der H&B beauftragt. Dabei habe insbesondere geprüft werden sollen, ob die Gewährung der Darlehen an die von H&B vermittelten Kunden von der Beklagten ordnungsgemäß vorgenommen wurde. Aus dem Prüfbericht ergibt sich dem OLG zufolge aber nicht einmal die Kenntnis der Kläger über ein einheitliches Handeln der Verkäuferseite. Vielmehr stellten die Prüfer lediglich eine Vermutung auf, dass ein Teil des Kaufpreises an die Vertriebsgesellschaft zurückgeflossen sei, deren Umfang nicht nachvollzogen werden könne. Auf der Basis dieser Information über eine «generelle Provisionspraxis» der H&B hätten die Anleger nicht einmal den schlüssigen Vorwurf einer arglistigen Täuschung durch den Vertrieb bei dem Anlageobjekt im vorliegenden Fall erheben können. Weder sei in dem Bericht die tatsächliche Höhe der aus dem Kaufpreis abgezweigten Provisionszahlungen angegeben, noch werde die Relation zu den im Formular angegebenen Provisionssätzen deutlich.
Danach hätten die Anleger allenfalls argwöhnen können, auch sie seien über die Höhe der Provisionszahlungen bei Auftragserteilung an die H&B getäuscht worden. Auf einen bloßen Verdacht und die hieraus abgeleitete Vermutung, es könne auch in ihrem Fall so gewesen sein, hätten sie jedoch eine Klage nicht stützen können. Außerdem hätten die Kläger aufgrund des Prüfberichts keinen Grund zu der Annahme gehabt, dass die Badenia selbst Kenntnis von den Angaben des Vertriebs in den Formularen und der darin liegenden arglistigen Täuschung gehabt habe. Der den Klägern zustehende Schadensersatzanspruch erfasse auch den Vermögensschaden, den sie im Zusammenhang mit dem zur Kaufpreisfinanzierung aufgenommenen Vorausdarlehen und aus der späteren Umfinanzierung über ihre Hausbank erlitten hätten.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.11.2012 – 17 U 236/11
(Beck online)