Das Verbot der mehrfachen sachgrundlosen Befristung in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist grundsätzlich verfassungskonform, da es dazu dient, die strukturell unterlegenen Arbeitnehmer vor Kettenbefristungen zu schützen und das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu sichern. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 06.06.2018 entschieden. Im Einzelfall könne sich das Verbot allerdings als unzumutbar erweisen. Die Fachgerichte müssten es dann einschränken (Az.: 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, BeckRS 2018, 11032).

Die Ausgangskläger begehren die Entfristung ihres Arbeitsvertrages. Sie machten gegenüber ihrem jeweiligen Arbeitgeber geltend, die zuletzt vereinbarte sachgrundlose Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, weil sie bereits zuvor bei demselben Arbeitgeber beschäftigt waren. In dem Verfahren 1 BvL 7/14 hatte das Arbeitsgericht dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Regelung mit den Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, wenn damit eine sachgrundlose Befristung auf die erstmalige Beschäftigung beim jeweiligen Vertragsarbeitgeber beschränkt sei.

Im Verfahren 1 BvR 1375/14 hatten sich die Arbeitsgerichte auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestützt, wonach eine erneute sachgrundlose Befristung nach Ablauf von drei Jahren wieder zulässig sei, und die Entfristungsklage des Arbeitnehmers abgewiesen. Dagegen legte der Arbeitnehmer Verfassungsbeschwerde ein. Er rügte, die Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG durch das BAG verletze seine Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, da sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite.

Das BVerfG hat entschieden, dass § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG in der Auslegung des vorlegenden Arbeitsgerichts grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar ist. Die Regelung verletze im Ergebnis weder die Berufsfreiheit der Beschäftigten noch die berufliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Arbeitgeber. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrags im Fall einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber beeinträchtige insbesondere die Berufswahlfreiheit von Arbeitssuchenden (Art. 12 Abs. 1 GG) und die berufliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Arbeitgebern (Art. 12 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG). Dies wiege zwar schwer, wobei die Beeinträchtigung der Belange der Arbeitgeber dadurch abgemildert werde, dass ihnen Alternativen zur sachgrundlosen Befristung zur Verfügung stünden, wozu auch die vom Gesetzgeber in bestimmten Fällen erlaubte, mit Sachgrund befristete Beschäftigung gehöre.

Laut BVerfG ist dies in der Abwägung mit dem Schutz der Beschäftigten im Arbeitsverhältnis und den im Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 28 Abs. 1 GG) verankerten sozial- und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen jedoch grundsätzlich zumutbar. Der Gesetzgeber wolle mit § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG die strukturell dem Arbeitgeber unterlegenen Arbeitnehmer vor Kettenbefristungen schützen und zugleich das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform sichern. Daneben stehe die beschäftigungspolitische Zielsetzung, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Hier habe der Gesetzgeber einen großen Spielraum. Entscheide er, die sachgrundlose Befristung zwar als Brücke in eine Dauerbeschäftigung zuzulassen, beschränke dies aber grundsätzlich, sei das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das BVerfG betont aber, dass das Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber unzumutbar sei, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Das könnten bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit sein, die Tätigkeit von Werkstudierenden oder die lang zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig neu orientieren. In solchen Fällen könnten und müssten die Fachgerichte den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einschränken.

Das BVerfG beanstandet aber die Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG durch das BAG. Diese sei mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht zu vereinbaren. Die Annahme, eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages sei immer dann zulässig, wenn eine Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliegt, überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil der Gesetzgeber sich hier erkennbar gegen eine solche Befristung entschieden hatte. Die Auslegung der Gesetze durch die Fachgerichte müsse die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Dazu müsse sie auch die Gesetzesmaterialien in Betracht ziehen. In Betracht zu ziehen seien hier die Begründung eines Gesetzentwurfes, der unverändert verabschiedet worden sei, die darauf bezogenen Stellungnahmen von Bundesrat und Bundesregierung und die Stellungnahmen, Beschlussempfehlungen und Berichte der Ausschüsse. Diese zeigten hier deutlich auf, dass eine sachgrundlose Befristung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich nur einmal und nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein soll. Das damit klar erkennbare gesetzliche Regelungskonzept dürfe von den Fachgerichten nicht übergangen und durch ein eigenes Konzept ersetzt werden.

Quelle: Beck online