Grundsätzlich kann der Mieter vom Vermieter Schadenersatz verlangen, wenn dieser eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausspricht, der Eigenbedarf aber nicht besteht. Kommt es zu einem Vergleich der Parteien, dann ist nach einer am 14.01.2013 veröffentlichten Entscheidung des Amtsgerichts München für die Frage des Schadenersatzes darauf abzustellen, ob mit dem Vergleich ein «Schlussstrich» unter das Mietverhältnis gezogen werden sollte, ohne Rücksicht darauf, ob der Eigenbedarf vorhanden sei. In diesem Fall schieden Schadenersatzansprüche des Mieters aus.
Dem Mieter einer Einzimmerwohnung in München wurde 2008 gekündigt. Die Vermieterin hatte behauptet ihren Lebensmittelpunkt schrittweise nach München verlegen zu wollen, um sich um ihre Mutter zu kümmern. Der Mieter widersprach der Kündigung und bezweifelte insbesondere den geltend gemachten Eigenbedarf, ließ sich dann aber im Rahmen des Räumungsprozesses auf einen Vergleich ein. Danach verpflichtete sich der Mieter zum Auszug bis Mitte 2009. Im Gegenzug bekam er eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 2.400 Euro und die Vermieterin verzichtete auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Der Mieter zog fristgerecht aus. Die Vermieterin zog dann allerdings nicht in die Wohnung ein, sondern übertrug das Eigentum an der Wohnung auf ihre Mutter.
Als der Mieter dies bemerkte, verlangte er Schadenersatz in Höhe von 4.245 Euro von seiner ehemaligen Vermieterin. Es sei jetzt schließlich klar, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht gewesen sei. Da er nunmehr mehr Miete bezahle und auch höhere Umzugskosten gehabt habe, wolle er einen Ausgleich dafür. Die ehemalige Vermieterin weigerte sich zu bezahlen. Der Mieter habe schließlich den Eigenbedarf stets bestritten und sich trotzdem auf den Vergleich eingelassen. Daher wäre selbst eine Täuschung nicht kausal für den Schaden.
Die Klage blieb erfolglos. Grundsätzlich könne ein Mieter vom Vermieter Schadenersatz verlangen, sofern dieser eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausspreche, der in Wahrheit nicht bestehe, so das Amtsgericht. Voraussetzung sei jedoch unter anderem, dass zwischen der Täuschung durch den Vermieter und dem Auszug des Mieters ein Kausalzusammenhang bestehe. Allein der Abschluss eines Räumungsvergleiches führe noch nicht zwangsläufig zur Unterbrechung der Kausalität. Es komme insbesondere darauf an, welchen Sachverhalt die Vertragsparteien zugrunde gelegt hätten. Wollten sie mit dem Vergleich auch den Streit darüber beseitigen, ob der Eigenbedarf bestehe, könne darin Verzicht auf Schadenersatzansprüche gesehen werden.
Entscheidungserheblich sei es daher, so die Amtsrichterin, ob die Parteien durch den Abschluss des Vergleichs einen «Schlussstrich» unter die Vertragsbeziehung setzen wollten oder ob die Annahme des tatsächlichen Bestehens eines Eigenbedarfs als Grundlage für den Vergleich diente. Vorliegend habe der Mieter bis zuletzt den Eigenbedarf bestritten und trotzdem seine Vergleichsbereitschaft signalisiert. Der Vergleich diene daher auch dazu, den Streit über die Frage des Vorliegens eines Eigenbedarfs zu beseitigen. Die umfangreichen Regelungen (Umzugskostenbeihilfe, Verzicht auf Schönheitsreparaturen) zeigten, dass das Vertragsverhältnis endgültig beendet werden sollte. Ein Kausalzusammenhang zwischen einer etwaigen Täuschung durch die Vermieterin und dem Auszug des Mieters bestehe daher nicht mehr.
AG München, Urteil vom 13.01.2012 – 474 C 19752/11
(Quelle: Beck online)