Die Lagerung von wertvoller Tauchausrüstung in einem lediglich mit einem Vorhängeschloss gesicherten Holzlatten-Kellerverschlag eines Mehrfamilienwohnhauses ist nach Auffassung des Landgerichts Berlin als grob fahrlässig einzustufen und führt zu einer 50%-Kürzung der Versicherungsleistung.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, versicherungsvertraglichen Schadensersatz aufgrund eines Einbruchdiebstahls in den zur Wohnung der Klägerin und ihres Mannes gehörenden Kellerverschlag. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im November 2010 brachen unbekannte Täter in den mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kellerverschlag der Klägerin ein, indem sie den Kolben mit einem Schneidewerkzeug zerschnitten. Sie stahlen diverse Tauchhausrüstungsgegenstände, deren Neuwert die Klägerin mit insgesamt 14.831 EUR veranschlagt.
Am 28.11.2010 entdeckte der Ehemann der Klägerin den Einbruchdiebstahl und meldete ihn noch am selben Tag der Polizei. Die detaillierte Stehlgutliste reichte er mit Schreiben vom 29.12.2010 nach, bei der Polizei am 03.01.2011 eingegangen. Vorprozessual zahlte der Beklagte zwei Mal 2.500 EUR, lehnte weitere Zahlungen ab und berief sich hierzu auf eine Obliegenheitsverletzung wegen verspäteter Einreichung der Stehlgutliste sowie auf die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles durch die Lagerung der wertvollen Tauchausrüstung im schlecht gesicherten Keller.
Nach Ansicht des LG Berlin steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Entschädigung für die durch den unstreitigen Einbruch in den Kellerverschlag abhanden gekommene Tauchausrüstung in Höhe von noch 5.938,53 EUR zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit §§ 1 Nr. 1b, 3 Nr. 1a, Nr. 2a, 9 Nr. 1a VHB 2008. Von dem insgesamt von der Klägerin behaupteten Schadensumfang von 14.831 EUR seien neben den bereits vorprozessual erstatteten 5.000 EUR weitere Abzüge zu machen: So führe der von dem Beklagten geltend gemachte Unterversicherungseinwand zur Kürzung des Entschädigungsbetrages von 14.831 EUR auf 11.877,06 EUR. Wegen des von dem Beklagten darüber hinaus geltend gemachten Einwandes des grob fahrlässig herbeigeführten Schadens sei die geschuldete Entschädigung um weitere 938,53 EUR (11.877,06 EUR – 10.000 EUR = 1.877,06 EUR x 50%) zu kürzen, so dass eine begründete Klageforderung von (10.938,53 EUR – 5.000 EUR = 5.938,53 EUR) verbleibe. Weitere Abzüge müsse sich die Klägerin dagegen nicht anrechnen lassen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten müsse sich die Klägerin von ihrem Schaden nicht gemäß § 26 Nr. 2a ff, Nr. 3 VHB 2008 wegen einer Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Einrechung einer Stehlgutliste einen Abzug gefallen lassen, und zwar selbst dann nicht, wenn man zugunsten des Beklagten einen entsprechenden Obliegenheitsverstoß unterstellt. Denn gemäß § 26 Nr. 3b VHB 2008 in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG bleibt der Versicherer außer im Fall der arglistigen Obliegenheitsverletzung dann zur ungekürzten Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Obliegenheitsverletzung weder für den Einritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Diese Voraussetzungen sieht das LG Berlin als erfüllt. Da die Polizei auf die gut einen Monat nach Entdeckung des Versicherungsfalls eingereichte Stehlgutliste keine Sachfahndung eingeleitet hatte, geht das LG Berlin davon aus, dass dies auch im Falle kurzfristiger Einreichung der Liste nicht erfolgt wäre.
Gemäß § 34 Nr. 1b VHB 2008 in Verbindung mit § 29 Nr. 2 BBH Hausratmax. 4.0 sei die von dem Beklagten zu erbringende Entschädigung von 11.877,06 EUR um weitere 938,53 EUR auf 10.938,53 EUR zu kürzen, so das Gericht weiter. Denn die Klägerin habe den eingetretenen Schaden grob fahrlässig dadurch herbeigeführt, dass sie die wertvolle Taucherausrüstung im Neuwert von nahezu 15.000 EUR unter erheblicher Herabsetzung des versicherungsvertraglich vorausgesetzten Sicherheitsstandarts in einem Holzlatten-Kellerverschlag eines Mehrfamilienwohnhauses gelagert habe. Aus diesem Grund sei der Entschädigungsanspruch der Klägerin um 50% zu kürzen. Dies allerdings nur, soweit die Entschädigung den Betrag von 10.000 EUR übersteigt, also nur in Höhe von 983,53 EUR (11.877,06 EUR – 10.000 EUR und davon 50%). Diese Schlussfolgerung entnimmt das LG Berlin aus § 29 Nr. 2 BBH Hausratmax. 4.0. Dort heißt es: «Soweit bei einem Versicherungsfall der Schaden den in Nr. 1 aufgeführten Betrag [von 10.000 EUR] übersteigt, findet § 34 Nr. 1 b VHB 2008 Anwendung». Nach § 34 Nr. 1 b VHB 2008 ist der Versicherer zur Leistungskürzung im Falle von grober Fahrlässigkeit berechtigt.
LG Berlin, Urteil vom 05.12.2012 – 23 O 438/11
(Quelle: beck-fachdienst Versicherungsrecht – FD-VersR 2013, 343469)