Der Bundesgerichtshof hat am 13.12.2011 ein Grundsatzurteil zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Haftung wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen nach § 37 WpHG gefällt. Er stellt unter anderem klar, dass es für einen Schadenersatzanspruch wegen unterlassener unverzüglicher Veröffentlichung des Engagements in US-Subprimes ausreicht, dass das Kreditinstitut die Bedeutung seines Engagements in US-Subprimes für den Wertpapiermarkt erkannt hat und dennoch die Mitteilung unterlässt (Az.: XI ZR 51/10).
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht wegen des Erwerbs von Aktien der Beklagten von dieser Schadenersatz. Die Beklagte ist ein Kreditinstitut, das mittelständische Unternehmen finanziert. Seit 2001 engagierte sie sich unmittelbar und mittelbar über andere Gesellschaften auch auf dem Kapitalmarkt für strukturierte Forderungsportfolien. Dazu gehörten auch solche Finanzprodukte, die sich auf Forderungen aus dem US-Hypothekenmarkt bezogen. Seit Frühjahr 2007 häuften sich auf dem US-Hypothekenmarkt wegen der stark gestiegenen Zinsen, des allgemeinen Preisverfalls von Immobilien und der sehr niedrigen Kreditvergabestandards die Ausfälle der in Form von strukturierten Wertpapieren gehandelten Immobilienkredite.
Mitte Juli 2007 stuften Ratingagenturen erstmals sogenannte Subprimes (großzügig vergebene Hypothekenkredite minderer Qualität) wegen der erhöhten Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sanken die Preise für die durch die Beklagte emittierten Anleihen und es gab Gerüchte, die Beklagte treffe mit Blick auf den US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko. Da der Markt von einem höheren Ausfallrisiko ausging, weiteten sich die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten, die sogenannten Bond Spreads. Zugleich stieg der Preis für sogenannte Kreditausfallversicherungen (CDS = Credit Default Swaps) auf die Beklagte. Parallel zu diesen Vorgängen fiel der Kurs der Aktie der Beklagten.
Um die aufgekommenen Gerüchte auszuräumen und die Marktsituation zu beruhigen, veranlasste der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten – in Kenntnis der oben genannten Umstände – am Freitag den 20.07.2007 die Herausgabe einer Pressemitteilung, in der nur eine geringe Betroffenheit der Beklagten durch US-Subprimes behauptet wurde. Im Zusammenhang damit wurde er später wegen vorsätzlicher Marktmanipulation gemäß §§ 20a Abs. 1Nr. 1, 38 Abs. 2,39 Abs. 2Nr. 11 WpHG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und zu einer Geldstrafe verurteilt.
Am 26.07.2007 erwarb ein Privatanleger 1.000 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 23.916,04 Euro, die er später auf die Klägerin übertrug. Am 27.07.2007 schloss die Deutsche Bank AG gegenüber der Beklagten die Handelslinien im Interbankenverkehr. Dem schlossen sich andere Kreditinstitute an. Am Wochenende des 28./29.07.2007 kam es daraufhin zu einem Krisentreffen unter Beteiligung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als der größten Aktionärin der Beklagten, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der Deutschen Bundesbank und des Bundesfinanzministeriums. Dessen Ergebnis war die Einrichtung eines Rettungsschirmes zugunsten der Beklagten. Nach einer entsprechenden Ad-hoc-Mitteilung brach der Aktienkurs der Beklagten ein.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung des Kaufpreises für die Aktien Zug-um-Zug gegen deren Rückübertragung. Sie stützt sich dabei auf einen Schadenersatzanspruch wegen falscher Angaben in der Pressemitteilung der Beklagten vom 20.07.2007. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat insbesondere Schadenersatzansprüche aus § 823Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 20a WpHG sowie aus § 37b WpHG geprüft und im Ergebnis verneint. Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts auf die von ihm zugelassene Revision der Klägerin aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der BGH hat zwar mit dem Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 20aWpHG verneint, weil das in § 20a WpHG geregelte Verbot der Marktmanipulation nicht dem Schutz einzelner Anleger, sondern allgemein der Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarktes diene und diese Vorschrift deswegen kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sei. Er hat es jedoch nicht gebilligt, dass das Berufungsgericht einen Schadenersatzanspruch der Klägerin aus § 37b WpHG wegen unterlassener unverzüglicher Veröffentlichung des Engagements der Beklagten in US-Subprimes verneint hat. Insoweit sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichts unerheblich, ob die Beklagte die Schließung ihrer Handelslinien im Interbankenverkehr am 27.07.2007 voraussehen konnte. Entscheidend sei vielmehr, dass sie, wie die Herausgabe der Presseerklärung vom 20.07.2007 zeige, die Bedeutung ihres Engagements in US-Subprimes für den Wertpapiermarkt erkannt habe. In diesem Zusammenhang hat der BGH weiter entschieden, dass der Schadenersatzanspruch aus § 37b WpHG auf Erstattung des Kaufpreises der Aktien Zug um Zug gegen deren Rückgabe gerichtet ist, alternativ aber auch die Erstattung der Differenz zwischen dem Kurs bei Erwerb der Aktien und deren fiktiven Kurs bei Veröffentlichung einer unverzüglichen Ad-hoc-Mitteilung verlangt werden kann.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, um die bislang offene Frage zu klären, ob der Zedent die Aktien bei Veröffentlichung einer rechtzeitigen Ad-hoc-Mitteilung über das Engagement der Beklagten in US-Subprimes nicht erworben hätte.