Muss eine Reise abgebrochen werden, weil die Betreuungsperson der Mutter, die sonst vom Reisenden versorgt wird, erkrankt, hat der Reisende ein Attest über diese Erkrankung vorzulegen. Tut er dies nicht, hat er keinen Anspruch auf Ersatz des Reisepreises für den nicht genutzten Teil der Reise gegenüber seiner Versicherung. Dies stellt das Münchener Amtsgericht klar.
Ein Ehepaar buchte für sich und seinen Sohn in einem Reisebüro eine sechstägige Reise im August 2010 ins Disneyland Paris. Die Mutter des Ehemannes ist pflegebedürftig und wird normalerweise von diesem betreut. Für die Zeit des Urlaubes übernahm die Pflege der Mutter eine Bekannte. Drei Tage vor Ende der Reise musste die Reise abgebrochen werden, weil die Betreuungsperson sich im rechten Schulterbereich verrenkt hatte. Sie konnte den rechten Arm nicht mehr heben und damit auch die notwendigen Pflegeleistungen nicht mehr durchführen. Der Ehemann verlangte von seiner Reiseabbruchsversicherung daraufhin 2.000 Euro. Die Versicherung weigerte sich unter anderem deswegen zu zahlen, weil die Familie kein die Erkrankung der Betreuungsperson belegendes Attest vorgelegt hatte. Vor dem AG München machte die Familie geltend, sie könne das Attest nicht vorlegen, weil die Betreuerin sich weigere, zum Arzt zu gehen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Kläger hätten keinen Anspruch aus der Reiseabbruchversicherung, so das AG München. Nach dieser würde zum einen nur der anteilige Reisepreis für nicht genutzte Reiseleistungen abzüglich der Rückreisekosten erstattet. Nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien Ersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude. Insofern stünde den Klägern allenfalls ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1.175 Euro zu. Bezüglich dieses Anspruchs hätten die Kläger allerdings gegen ihre in den allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelte Pflicht verstoßen, im Fall einer unerwarteten schweren Erkrankung das Attest eines Arztes vorzulegen.
Dieser Passus in den Versicherungsbedingungen sei auch wirksam. Die Versicherung möchte auf diese Weise ausschließen, dass die Reise aus anderen Gründen, die allein im Risikobereich des Versicherungsnehmers liegen, abgebrochen wird. Es könne grundsätzlich auch sein, dass die Reise wegen beruflicher Gründe der Kläger oder wegen Unstimmigkeiten zwischen der Betreuungsperson und der betreuten Person abgebrochen worden sei und die unerwartet schwere Erkrankung nur vorgeschoben werde. Mit der Attestpflicht werde ein etwaig möglicher Missbrauch eingeschränkt.
Die Tatsache, dass die Betreuungsperson sich geweigert habe, zum Arzt zu gehen, falle in den Risikobereich der Kläger. Die Weigerung, zum Arzt zu gehen, sei ein Problem im Innenverhältnis zwischen den versicherten Risikopersonen, nicht jedoch in Bezug auf die Versicherung.
AG München, Urteil vom 30.11.2012 – 241 C 11924/11
(Quelle: Beck online)