Beim Ausparken ist der Einfahrvorgang in den fließenden Verkehr erst abgeschlossen, wenn eine Strecke von 30 Metern mit angepasster Geschwindigkeit fahrbahnparallel zurückgelegt wurde. Davor spricht bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug, das sich im fließenden Verkehr befindet, der erste Anschein für das Verschulden des Einfahrenden. Dies zeigt ein vom Amtsgericht München entschiedener Fall.
Die Besitzerin eines VW hatte den Wagen am rechten Fahrbahnrand geparkt. Beim Ausparken kam es zu einer Kollision mit einem Taxi, das sich von hinten genähert hatte. Dabei wurde der VW beschädigt. Die veranschlagten Reparaturkosten betrugen 1.858 Euro. Diese wollte die VW-Fahrerin vom Taxibesitzer ersetzt bekommen. Dieser weigerte sich zu zahlen. Die VW-Fahrerin sei plötzlich aus der Parklücke herausgefahren. Er habe noch nach links gelenkt, den Zusammenstoß aber nicht vermeiden können. Die VW-Fahrerin gab dagegen an, bereits wieder auf der Straße gewesen zu sein, als der Taxifahrer sie überholt und dabei gestreift habe.
Das AG München hat die Klage abgewiesen. Gegen die VW-Fahrerin spreche § 10 StVO. Danach habe sich derjenige, der vom Fahrbahnrand anfahren wolle, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Geschehe im Zusammenhang mit einem Ausparken ein Verkehrsunfall, spreche daher zunächst der erste Anschein für ein Verschulden des Ausparkenden.
Diesen ersten Anschein habe die Klägerin nicht erschüttern können. Dafür hätte sie nachweisen müssen, dass sie sich mit ihrem Fahrzeug bereits vollständig im fließenden Verkehr befunden habe. Das wäre lediglich dann der Fall gewesen, wenn sie bereits eine Strecke von 30 Metern mit angepasster Geschwindigkeit fahrbahnparallel zurückgelegt hätte, so das AG. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei aber davon auszugehen, dass sich die Kollision kurz nach dem Einfahren in die Straße ereignet habe. Die VW-Fahrerin habe daher den Schaden selbst zu tragen.
AG München, Urteil vom 25.01.2013 – 344 C 8222/11
(Qelle: Beck online)