Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Stadtsparkasse enthaltene Klausel, wonach die Sparkasse nach dem Tod des Kunden zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlage eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen darf, ist nach § 307 BGB unwirksam, weil sie die Verbraucher unangemessen benachteiligt. Das hat der Bundesgerichtshof aufgrund der Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes entschieden.
Zunächst stellt der BGH klar, dass die beanstandeten Regelungen in den AGB der Sparkasse kontrollfähige Abweichungen von Rechtsvorschriften darstellen. Der Erbe sei von Rechts wegen nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Vielmehr könne er diesen Nachweis auch in anderer Form führen. Die beanstandete Klausel weicht laut BGH von dieser Regelung ab. Denn sie erlaube es der Stadtsparkasse, auf der Vorlage eines Erbscheins unabhängig davon zu bestehen, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht überhaupt zweifelhaft ist oder durch andere Dokumente einfacher und/oder kostengünstiger nachgewiesen werden kann.
Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hielten die angegriffenen Regelungen nicht stand, führt der BGH fort. Das uneingeschränkte Recht der Beklagten, zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins zu verlangen beziehungsweise in bestimmten Situationen darauf zu verzichten, sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteilige die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Die Klausel gewähre der beklagten Sparkasse generell und unabhängig davon, ob im Einzelfall das Erbrecht zweifelhaft ist oder durch andere Dokumente einfacher und/oder kostengünstiger nachgewiesen werden kann, das Recht, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Zwar habe eine Sparkasse nach dem Tod eines Kunden grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme sowohl durch einen etwaigen Scheinerben als auch durch den wahren Erben des Kunden zu entgehen. Daraus folgt laut BGH indes nicht, dass sie einschränkungslos die Vorlegung eines Erbscheins verlangen kann. Vielmehr seien im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung die Interessen des (wahren) Erben – der als Rechtsnachfolger in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Sparkasse eingerückt ist und auf dessen mögliche Benachteiligung es daher ankommt – vorrangig. Ihm sei regelmäßig nicht daran gelegen, auch in Fällen, in denen er sein Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachweisen kann, das unnütze Kosten verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinverfahren anstrengen zu müssen.
Ebenso wenig könne der wahre Erbe auf die Möglichkeit verwiesen werden, von ihm zunächst – zu Unrecht – verauslagte Kosten später im Wege des Schadenersatzes, gegebenenfalls sogar nur unter Beschreitung des Klageweges von der Sparkasse, erstattet zu verlangen. Schließlich streite auch die Sonderregelung des § 35 Abs. 1 GBO nicht für die Wirksamkeit der angefochtenen Klausel. Diese knüpfe sogar höhere Anforderungen an den Erbfolgenachweis als sie im Grundbuchrecht von Gesetzes wegen bestehen.
BGH, Urteil vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12
(Quelle: Beck online)