Wird die Zahlung eines 13. Gehalts im Arbeitsvertrag als „freiwillige Leistung“ bezeichnet, so genügt dieser Hinweis für sich genommen nicht, um einen Anspruch auf die Leistung auszuschließen.
Die Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass „die Zahlung eines 13. Gehalts eine freiwillige Leistung der Firma ist, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann“, begründet bei Anwendung der Unklarheitenregel des § BGB § 305 c BGB § 305C Absatz II BGB einen unbedingten Anspruch auf Zahlung.
Die Parteien streiten über eine Sonderzahlung für das Jahr 2010. Die Kl. trat am 1. 4. 1999 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Bekl. Der Anstellungsvertrag vom 29. 3. 1999 regelt auszugsweise Folgendes:
„§ 3. Für die Tätigkeit erhält die Mitarbeiterin während der Probezeit ein Bruttogehalt von monatlich 3800 DM einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Nach der Probezeit beträgt das Bruttogehalt monatlich 4000 DM einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Mit der Gehaltszahlung sind eventuelle Überstunden abgegolten. Die Bezüge werden zum Ende eines jeden Monats bargeldlos gezahlt. Die Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung der Firma, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann.“
Eine am 6. 7. 1999 getroffene „Vereinbarung zum Anstellungsvertrag vom 29. 3. 1999“ regelt Folgendes: „Die Probezeit von sechs Monaten wird verkürzt auf vier Monate und endet somit zum 30. 7. 1999. Die Mitarbeiterin erhält ab o. g. Datum ein mtl. Bruttogehalt von 4000 DM. Des Weiteren wird vereinbart, dass das 13. Monatsgehalt in Höhe von 4000 DM voll gezahlt wird“.
Im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Bekl. haben die Parteien am 1. 7. 2005 vereinbart: „Die Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 29. 3. 1999 zwischen Frau D und der A-GmbH gelten unverändert für das neue Arbeitsverhältnis zwischen Frau D und der A-GmbH & Co. KG fort. Insbesondere wird der soziale Besitzstand gewahrt“.
Die Kl. hat in den Jahren 1999 bis 2003 mit der Gehaltsabrechnung für November ein „Weihnachtsgeld“ und in den Jahren 2004 bis 2009 eine „freiwillige Leistung“ in Höhe eines Novembergehalts erhalten. Sie ist zum 31. 12. 2010 bei der Bekl. ausgeschieden. Für das Jahr 2010 hat die Kl. keine Sonderzahlung erhalten. Sie hat die Bekl. unter Fristsetzung zum 15. 1. 2011 erfolglos zur Zahlung aufgefordert. Die Kl. hat die Auffassung vertreten, sie habe einen vertraglichen Anspruch auf ein 13. Gehalt und beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an sie 3385 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. 1. 2011 zu zahlen.
Die Bekl. hat die Auffassung vertreten, auf Grund des Freiwilligkeitsvorbehalts in § 3 des Anstellungsvertrags bestehe kein Anspruch.
Das ArbG Bremen-Bremerhaven (Urt. v. 27. 4. 2011 – 2 Ca 2044/11, BeckRS 2013, BECKRS Jahr 69289) hat die Klage abgewiesen, das LAG Bremen (Urt. v. 12. 1. 2012 – 3 Sa 85/11) hat ihr stattgegeben. Die Revision der Bekl. hatte keinen Erfolg.
Nach dem Wortlaut wird „die Zahlung eines 13. Gehalts“ bestimmt, ohne dass sich – für den durchschnittlichen Vertragspartner ohne Weiteres erkennbar – der Verwender die jeweilige Entscheidung über die Zahlung vorbehalten hat (etwa: „Wird ein 13. Gehalt gezahlt …“.). Ein Vorbehalt besteht ausdrücklich nur insoweit, als das 13. Gehalt anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann. Daraus mag für den durchschnittlichen Vertragspartner folgen, dass der Verwender sich die Entscheidung über die Aufteilung, nicht aber über das „Ob“ einer Zuwendung vorbehalten hat. Auch deren Höhe ist mit der Bezeichnung „13. Gehalt“ eindeutig bestimmbar.
Unerheblich ist, dass die Zahlung eines 13. Gehalts als „freiwillige Leistung“ der Firma bezeichnet wird. Damit wird – jedenfalls unmissverständlich – nur zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet ist (BAGE 103, BAGE Band 103 Seite 151 = NZA 2003, NZA Jahr 2003 Seite 557 = NJW 2003, NJW Jahr 2003 Seite 2043 [zu II 2 a]). Der Hinweis genügt für sich genommen nicht, um einen Anspruch auf die Leistung auszuschließen.
Gegen vorstehendes Verständnis der Klausel könnte allerdings sprechen, dass im Anstellungsvertrag nur die Zahlung „eines“ und nicht „des“ 13. Gehalts vereinbart ist. Die Verwendung eines unbestimmten Artikels in diesem Regelungszusammenhang lässt eine Auslegung vertretbar erscheinen, dass mit § 3 S. 5 des Anstellungsvertrags ein vertraglicher Anspruch nicht unmittelbar begründet werden sollte. Der Regelung käme dann die Bedeutung zu: „Die etwaige Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung …“ bzw. „Es kann ein 13. Gehalt als freiwillige Leistung der Firma gezahlt werden …“.
Es bestehen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung, beide Auslegungsergebnisse sind nicht fernliegend. Nach § BGB § 305 c BGB § 305C Absatz II BGB gehen Zweifel zulasten des Verwenders. Damit greift die der Kl. als Vertragspartnerin günstigere Auslegung. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es bereits an einer Vertragslücke. Sie kommt entgegen der Auffassung der Revision auch deshalb nicht in Betracht, weil die Bestimmungen des Anstellungsvertrags vom 29. 3. 1999 zwischen den Parteien am 1. 7. 2005 und damit nach Inkrafttreten des § BGB § 305 ff. BGB ausdrücklich (erneut)vereinbart worden sind; zudem war die Unklarheitenregel bereits vor dem Jahr 2002 allgemein anerkannt.
BAG, Urt. v. 17. 4. 2013 – 10 AZR 281/12
(Quelle: beck online)