Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung liegt vor, wenn eine Bank positive Kenntnis davon hat, dass ein Darle-hensnehmer, der eine Anlage fremdfinanziert, von seinem Geschäftspartner, sei es durch den Verkaufsprospekt, durch sonstige Urkunden oder durch mündliche Angaben des Vermittlers oder Verkäufers, arglistig über die eingepreiste In-nenprovision getäuscht worden ist. Liegt der Anlegerverkaufsprospekt mit entsprechenden Prospektangaben dem Anle-ger aber weder im Zeitpunkt seiner Anwerbung durch den Vermittler vor, noch sind die maßgeblichen Prospektpassagen Gegenstand des Verkaufsgesprächs mit dem Vermittler, ist eine Irrtumserregung und damit eine arglistige Täuschung des Anlegers durch die Prospektangaben denknotwendig ausgeschlossen.
Der Kläger macht gegen die beklagten Banken Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung geltend, die er Anfang der 1990er Jahre zwecks Steuerersparnis erworben und fremdfinanziert hatte. Der entsprechende Verkaufsprospekt wurde dem Kläger erst übergeben, als dieser bereits eine notariell beglaubigte Erwerbs- und Finanzie-rungsvollmacht erteilt hatte. Nachdem der Kläger die Zahlungen eingestellt hatte, haben die beklagten Banken die streit-gegenständliche Immobilie verwertet. Dagegen suchte der Kläger gerichtliche Hilfe mit dem Argument der Täuschung über versteckte Innenprovisionen. Er blieb in sämtlichen Instanzen erfolglos.
Nach Auffassung des BGH ist eine nicht beratende, sondern lediglich kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- oder Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das sei u.a. der Fall, wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkre-ten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann. Danach müsse eine lediglich finan-zierende Bank den Darlehensnehmer grundsätzlich nicht von sich aus auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Ver-trieb gezahlte „versteckte Innenprovision“ hinweisen. Dies gelte schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobilie zu einem überteuerten Kaufpreis nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. NJW 2012, 3294) selbst für den Verkäu-fer nicht ohne Weiteres einen zur Aufklärung verpflichtenden Umstand darstellt. Der Käufer habe nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Es bleibe vielmehr den Vertragsparteien über-lassen, welchen Kaufpreis sie vereinbaren. Etwas anderes gelte erst dann, wenn es zu einer so wesentlichen Verschie-bung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss. Auch zögen Fehlvorstellungen eines Darlehensnehmers über den Wert der Immobilie grundsätzlich keine Aufklärungspflichten nach sich. Würden aber im Rahmen von Vertragsverhandlungen Angaben zu Provisionen gemacht, sei es im Verkaufsprospekt oder -gespräch, müssten diese – gleich ob sie geschuldet sind oder nicht – inhaltlich zutreffend sein. Nachdem im zu entscheidenden Fall der Verkaufsprospekt dem Kläger weder im Zeitpunkt seiner Anwerbung durch den Vermittler vorlag, noch die maßgeblichen Prospektpassagen Gegenstand des Verkaufsgesprächs waren, sei indes eine Irrtumserregung und damit eine arglistige Täuschung des Klägers durch die Prospektangaben denknotwendig ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 23.04.2013 – XI ZR 405/11
(Quelle: Beck online)