Der Prospekt des Medienfonds VIP 4 ist teilweise unrichtig, unvollständig und irreführend und stellt das steuerrechtliche Anerkennungsrisiko, das Verlustrisiko und die Prognoserechnung fehlerhaft dar. Für diese Prospektfehler haften die UniCreditbank sowie der Fondsinitiator. Dies hat der Senat für Kapitalanleger-Musterverfahren des Oberlandesgerichts München zugunsten zahlreicher Anleger per Musterentscheid vom 30.12.2011 entschieden
Am 26.03.2004 hatte die VIP Vermögensberatung München GmbH für die Beteiligung an der Film & Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG einen Prospekt veröffentlicht, der den potentiellen Anlegern dieses Fonds Einzelheiten der Anlage verdeutlichen sollte und in der Folge bei der Einwerbung voOLG München, Urteil vom 30.12.2011 – Kap 1/07n Anlegern auch zum Einsatz kam. Im vorliegenden Musterentscheid beanstandete das OLG jetzt den Prospekt als unrichtig, unvollständig und irreführend und sprach Anlegern einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Fondsinitiator und der UniCreditbank (ehemalige Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) zu.
Das Oberlandesgericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass die Beklagten maßgeblich daran beteiligt waren, dass die Überweisungen der Gelder von der Fondsgesellschaft an die beteiligten Firmen abweichend von den Vorschriften des Prospekts erfolgten. Der Senat wertete dabei das gesamte Vorgehen als sogenanntes Umgehungsgeschäft im Sinne des § 42 Abs. 1 AO. Dies bedeute, dass die zu Grunde liegenden Geschäfte rechtlich und wirtschaftlich wirksam sind, sie aber in steuerrechtlicher Hinsicht nicht anerkannt würden, da ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vorliege. Davon sei auszugehen, wenn die gewählte vertragliche Gestaltung zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen sei.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts flossen nur rund 20 Prozent der Fondsgelder in die Filmproduktion. Mit den restlichen 80 Prozent sollte dagegen ein reines Einlagengeschäft bei einer Bank getätigt werden. Die Fondsgesellschaft sollte im Jahr 2014 einen festen Betrag erhalten, unabhängig von dem wirtschaftlichen Erfolg der Filme. Ein derartiges Einlagengeschäft wäre aber steuerlich nicht als unternehmerische Beteiligung mit einer großen Verlustzuweisung an die Anleger anerkannt worden, so das OLG. Aus diesem Grund seien die Verträge so gestaltet worden, dass die Gelder über diverse Firmen geleitet werden konnten, die sich mit der Filmproduktion befassten. Einen realistischen wirtschaftlichen Hintergrund hatte dies zur Überzeugung des Senats aber nicht. In steuerrechtlicher Hinsicht seien diese Vertragsgestaltungen daher nicht anzuerkennen.
Darüber hinaus sei das tatsächlich bestehende Verlustrisiko gegenüber den Anlegern verharmlost worden. Der Fonds sei als «Garantiefonds» bezeichnet worden, obwohl es keine Garantie gegenüber den Anlegern gegeben habe und im Text sei wiederholt die Formulierung «Absicherung von 115 Prozent des Kommanditkapitals» verwandt worden, obwohl keine derartige Absicherung existiert habe.
Auch die Prognoserechnung, die die Gewinnerwartung der Anleger beschreibt, wurde vom OLG als fehlerhaft eingestuft. Sie sei rechnerisch unrichtig und enthalte eine Gewinnprognose, die mit großen Risiken behaftet sei. Denn mit dem eingesammelten Geld der Anleger sollte die erste Investition getätigt werden. Ausschüttungen sollten nicht erfolgen, sondern die Gewinne sollten reinvestiert werden. Die Gewinnprognose baute auf einer Vielzahl von diesen Re-Investitionen auf. Würden die ersten Filmproduktionen floppen, stünde kein Geld mehr für die folgenden Re-Investitionen zur Verfügung und die gesamte Gewinnprognose würde zusammenbrechen, so das OLG.
Die in dem Musterentscheid aufgeworfenen Fragen sind laut Gericht verbindlich für alle in der Bundesrepublik bei den Gerichten anhängigen Klagen um den Medienfonds VIP 4 geklärt, soweit sie auf Prospekthaftung gestützt werden. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
OLG München, Urteil vom 30.12.2011 – Kap 1/07