Ein Autokäufer kann den Darlehensvertrag, den er zwecks Finanzierung bei der Hausbank des Fahrzeugherstellers abgeschlossen hat, auch noch eineinhalb Jahre später widerrufen, wenn er nicht klar und verständlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden ist, den Vertrag durch Kündigung zu beenden und eine hinreichende Darstellung über die Berechnung einer möglichen Vorfälligkeitsentschädigung fehlt. Dies hat das Landgericht Berlin mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 05.12.2017 entschieden (Az.:4 O 150/16).

Sachverhalt

Der Kläger kaufte im Sommer 2014 einen VW Touran zum Preis von 22.800 Euro. Einen Teilbetrag in Höhe von 8.000 Euro zahlte er direkt an das Autohaus. Den restlichen Kaufpreis von 14.800 Euro finanzierte er über einen Darlehensvertrag, den er mit einer Bank des Herstellers und auf Vermittlung des Autohauses abschloss. Den Unterlagen für den Darlehensvertrag waren die Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite und eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Ende März 2016 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag und forderte die Bank unter Fristsetzung auf, den Vertrag rückabzuwickeln. Der Kläger machte Rückzahlung der Anzahlung und Raten von insgesamt etwa 17.300 Euro ohne Nutzungsabzug geltend.

LG: Kläger wurde nicht umfassend über Kündigungsmöglichkeiten aufgeklärt

Das Landgericht hat dem Kläger teilweise Recht gegeben und ihm 12.400 Euro zugesprochen. Grundsätzlich müsse zwar der Widerruf innerhalb von zwei Wochen erklärt werden. Die Widerrufsfrist habe jedoch nicht zu laufen begonnen, da dem Kläger als Verbraucher nicht die erforderlichen Pflichtangaben zur Verfügung gestellt worden seien. Zum einen sei der Kläger nicht klar und verständlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden, den Vertrag durch Kündigung zu beenden. Es fehle der Hinweis darauf, dass der Verbraucher den Vertrag als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund kündigen könne. Die gegenteilige Auffassung anderer Landgerichte, wonach über dieses besondere Kündigungsrecht nicht aufgeklärt werden müsse, überzeuge nicht. Vielmehr sei eine Auslegung geboten, die sich an europäischem Recht orientiere und die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG berücksichtige.

Angaben über Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung waren unzureichend

Zum anderen seien auch die Angaben darüber nicht ausreichend, wie die Vorfälligkeitsentschädigung, die die Bank im Fall einer vorzeitigen Kündigung als Ausgleich für dadurch entgehende Zinsen erhalte, berechnet werde. Die Bank müsse zwar nicht die finanzmathematische Formel detailliert angeben. Zumindest müsse aber erkennbar sein, welche Methode die Bank zur Berechnung anwenden wolle. Dies lasse sich den Angaben nicht entnehmen. Als Folge des wirksam erklärten Widerrufs könne der Kläger die geleistete Anzahlung und die gezahlten Raten in Höhe von insgesamt etwa 17.300 Euro zurückverlangen. Von diesem Betrag seien jedoch die nach dem Darlehensvertrag geschuldeten Zinsen in Höhe von rund 1.000 Euro abzuziehen.

Rückzahlungsbetrag ist um Wertentschädigung des Fahrzeugs zu kürzen

Zudem sei der Rückzahlungsbetrag um eine Wertentschädigung für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer zu verringern. Denn es handele sich um einen mit dem Darlehensvertrag verbundenen Kaufvertrag. Der Kläger habe nicht nur geprüft, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß funktioniere und die vereinbarten Eigenschaften aufweise, sondern er habe das Fahrzeug dauerhaft genutzt. Ein Kunde solle nicht von seinem Widerrufsrecht abgehalten werden, wenn er befürchten müsse, er müsse schon dann einen Wertersatz leisten, wenn er die Ware nur prüfe, wie ihm das auch in einem Ladengeschäft möglich sei. Nutze er die Ware jedoch in einem Umfang, der über die Möglichkeiten bei einem Ladengeschäft (bei einem Autokauf z.B. durch Probefahrt mit einem roten Kennzeichen) hinausgehe, müsse er Wertersatz leisten.

LG Berlin , Urteil vom 05.12.2017 – 4 O 150/16

(Quelle: Beck online)