Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet ggf. schon am Donnerstag, den 22.02.2018 über die Zulässigkeit von Fahrverboten.
Worum geht es bei dieser Entscheidung genau?
Das Gericht wird darüber verhandeln und möglicherweise bereits am Donnerstag entscheiden, ob Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in besonders belasteten deutschen Städten ein rechtlich zulässiges Mittel und in die jeweiligen Luftreinhaltepläne aufzunehmen sind. Das Bundesverwaltungsgericht wird aber nicht selbst Fahrverbote anordnen.
Konkret geht es in Leipzig um die Luftreinhaltepläne von Düsseldorf und Stuttgart. Die zuständigen Verwaltungsgerichte hatten nach einer Klage der DUH die Behörden verpflichtet, ihre Pläne so zu verschärfen, dass Grenzwerte möglichst schnell eingehalten werden.
Das Stuttgarter Gericht nannte Fahrverbote dabei die „effektivste“ Maßnahme. Der Gesundheitsschutz in der Stadt sei höher zu bewerten als Interessen von Dieselfahrern. Das Düsseldorfer Gericht urteilte, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge müssten „ernstlich geprüft“ werden.
Welche Auswirkungen hat die Entscheidung des Gerichts?
Auch wenn das Bundesgericht konkret nur über die beiden Fälle in NRW und Baden-Württemberg verhandelt – die Entscheidung hat eine deutschlandweite Signalwirkung. Vor allem dann, wenn das Gericht zu dem Schluss käme, dass Fahrverbote rechtlich zulässig sind.
Für jede Stadt, in der Grenzwerte überschritten werden, wäre es dann möglich, Fahrverbote für ältere Diesel als Option in den jeweiligen Luftreinhalteplan aufzunehmen – und aus Sicht nicht nur der DUH sind Fahrverbote das effektivste Mittel für saubere Luft. Die DUH hat insgesamt rund 60 Rechtsverfahren eingeleitet.
Fahrverbote wären aber immer eine Einzelfall-Entscheidung und könnten von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausfallen. Sie könnten zeitlich auf bestimmte Strecken und Stadtzonen begrenzt sein, in denen die Grenzwerte am stärksten überschritten werden.
Welche Folgen hätten Fahrverbote?
Sie könnten große Auswirkungen haben. In Deutschland gibt es Millionen von Dieselautos. Kommunale Spitzenverbände und die Wirtschaft warnen davor, bei Fahrverboten könnte das städtische Leben lahmgelegt werden. Zum Beispiel könnten Läden in Innenstädten nicht beliefert werden oder Handwerker nicht mehr zu Kunden kommen. Dafür könnte es aber Ausnahmeregelungen geben, wie auch für Fahrzeuge von Polizei, Feuerwehr oder Apotheken.
Betroffen wären aber auf jeden Fall zahlreiche Pendler. Fahrverbote hätten außerdem massive Folgen für die Autohersteller. Die Diesel-Neuzulassungen sind seit Monaten bereits auf Talfahrt, der Antrieb ist aber sehr wichtig für die Autoindustrie. Dieselfahrern drohen starke Wertverluste ihrer Autos.
Die Politik will Fahrverbote unbedingt vermeiden. Sie hat ein Milliardenprogramm „Saubere Luft“ für Kommunen auf den Weg gebracht. Dabei geht es etwa um eine bessere Taktung des ÖPNV oder die Umrüstung von Bussen und Taxen.
Mit Software-Updates für Millionen von Fahrzeugen wollen die Hersteller die Emissionen senken. Umweltverbände kritisieren, das reiche nicht aus. Umbauten direkt am Motor wären aus Sicht vieler Experten wirksamer. Die Autoindustrie lehnt dies unter anderem mit Verweis auf hohe Kosten ab. Hält Leipzig Fahrverbote für rechtlich zulässig, steigt der Druck auf Politik und Hersteller, Hardware-Nachrüstungen auf den Weg zu bringen.
Und welche Rolle spielt die „Blaue Plakette“?
Falls das Bundesverwaltungsgericht den Weg für Fahrverbote ebnet, dürfte sofort eine breite politische Debatte nicht nur über wirksamere Nachrüstungen von Dieselautos einsetzen – sondern auch über die Einführung einer „blauen Plakette“.
Umweltverbände, aber auch Länder fordern diese seit langem. Damit wären Unterscheidungen möglich – es käme nicht zu pauschalen Fahrverboten für Dieselautos in Stadtgebieten, die stark belastet sind. Die Plakette würden moderne Wagen mit der Abgasnorm Euro 6 bekommen, sie wären von Fahrverboten ausgenommen. Mit einer bundesweiten blauen Plakette könnte ein Flickenteppich vieler unterschiedlicher Regeln verhindert werden.
Die Bundesregierung lehnt eine blaue Plakette bisher ab. Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) sagte, eine solche bedeute „nichts anderes als die kalte Enteignung von Millionen von Diesel-Besitzern“. Denn nur wenige Dieselautos erfüllen die neueste Abgasnorm – Millionen andere dagegen nicht.
Diese Autofahrer müssten sich dann entweder ein neues Auto kaufen oder ihren Wagen nachrüsten lassen. Kritiker werfen der Regierung vor, auf Zeit zu spielen. In der Autoindustrie selbst dagegen ist die Zustimmung für eine blaue Plakette zuletzt deutlich gestiegen.
Quelle: RP Online