Das Landgericht Stuttgart hat am 17.01.2019 nun auch Daimler erstmals aufgrund der Verwendung einer unzulässigen Abschaltvorrichtung  in ihren Fahrzeugen zum Schadensersatz im Rahmen der Dieselaffäre verurteilt. Die zugesprochenen Beträge lagen zwischen EUR 25.000,00 und EUR 40.000,00. Damit ist der Weg für viele weitere Geschädigte frei, um direkt am Geschäftssitz des Konzerns ihre Ansprüche geltend zu machen. Bei den Fahrzeugen handelte es sich um folgende Modelle:E 250 CDI BlueEFFICIENCY, Baujahr 2011, EURO 5, Motor OM 651C

250d, BlueTEC, Baujahr 2015, EURO 6, Motor OM 651

Anders als das Landgericht Braunschweig, welches für die Schadensersatzklagen am Geschäftssitz von Volkswagen zuständig ist und ganz offensichtlich Klagen von Geschädigten Volkswagen-Fahren abgewiesen hatte, um eine Klagewelle am Gerichtsstand in Braunschweig zu verhindern, stellt sich das Landgericht Stuttgart auf die Seite der Geschädigten.

Bereits im Jahre 2018 hatten die Landgerichte Hanau und Karlsruhe den Daimler-Konzern zum Schadenersatz verurteilt. Aufgrund der besonderen prozessualen Situation kam es bei diesen Entscheidungen allerdings (noch) nicht darauf an, ob es sich bei der Motorsteuerungssoftware, welche bei den betroffenen Modellen verbaut wurde, um eine unzulässige Abschaltvorrichtung im Sinne der EG-VO 715/2007 handelt. Hierzu hat das Landgericht Stuttgart nun ausführlich Stellung bezogen und die Unzulässigkeit dieser Abschaltvorrichtung bejaht.

In den Verfahren hat Daimler eingeräumt, dass in den betroffenen Fahrzeugen eine Motorsteuerungssoftware verbaut ist, welche bei bestimmten Temperaturen die Abgasrückführung drosselt und damit den Stickoxid-Ausstoß erhöht. Dieses sog. Thermofenster liegt zunächst Bei 7°. Ab Erreichen dieser Umgebungstemparatur wird die Abgasrückführung um ca. 45 % reduziert. Bei einer Außentemperatur von -30° wird die Abgasrückführung dann komplett abgeschaltet. Dies sei, so Daimler, aber  im Sinne der EG-VO zulässig, da diese Abschaltvorrichtung den Motor bei diesen Temperaturen vor Beschädigungen (sog. „Versottung“) schützen soll.

Das Landgericht Stuttgart sah dies aber anders. Denn konkret ist die EG-VO bezüglich der Notwendigkeit einer solchen Abschaltvorrichtung sehr streng auszulegen. Allein der Umstand, sich auf eine solche Notwendigkeit zu berufen, reiche hierfür nicht aus, vielmehr müsse Daimler konkret darlegen, warum diese Vorrichtung notwendig sei. Dies hatte der Konzern in diesen Urteilen nicht getan. Vielmehr sei aber entscheidend, dass die Durchführungsverordnung zur EG-VO vorsehe, dass eine Reduzierung der Abgasrückführung nur bei Kaltstart und bei einer Außentemperatur von -7° erlaubt ist. Nach dem Kaltstart müssen dann nach diesen Vorgaben die Hersteller sorgen, dass die Abgas-Nachbehandlungseinrichtung innerhalb von 400 Sekunden eine für das ordnungsgemäße Arbeiten ausreichend hohe Temperatur erreicht. Indem die von Daimler verwendete Abschaltvorrichtung dafür sorgt, dass auch  nach dem Start ab einer Außentemperatur von 7° und weniger eine Reduzierung der Abgasrückführung erfolgt, führe dies zu einem Zustand, in welchem die Abgasrückführung ununterbrochen und dauerhaft gegen diese Vorgaben verstößt.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Sie bilden aber dennoch eine gute Grundlage für viele andere Geschädigte, um ihre Schadensersatzansprüche nunmehr gegen den Konzern geltend zu machen.

Da sich Daimler bei seiner Abschaltvorrichtung auf den Standpunkt stellt, es handele sich um eine zulässige Motorsteuerungssoftware, welche den Motor vor einer  möglichen „Versottung“ schützen soll, ist es nicht ausgeschlossen, dass Daimler diese Vorrichtung in allen Motoren der Schadstoffklasse Euro 5 und Euro 6 verbaut hat. Ebenso könnten auch die neueren Modelle EURO 6 SCR mit der AdBlue Technologie betroffen sein. Denn auch der SCR Katalysator schaltet sich erst nach Erreichen der Betriebestempartur ein, was wiederum dafür spricht, dass Daimler auch hier eine Motorsteuerung verbaut hat, welche eine Drosselung der Harnstoffzufuhr ab bestimmten Temperaturen vornimmt.