Kann ein Käufer von seinem Verkäufer auch dann noch die Ersatzlieferung eines Nachserienmodells Zug um Zug gegen Rückübereignung des ursprünglich gekauften Diesel-Pkw verlangen, wenn der ursprünglich als Neuwagen gekaufte Diesel zur Entfernung einer als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung zwischenzeitlich ein vom Fahrzeughersteller autorisiertes Softwareupdate erhalten hat? Der 21. Zivilsenat des Kammergerichts hält zu dieser Frage eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich und hat in einem Beschluss vom 30.04.2019 die Gründe dafür näher erläutert.
Softwareupdate Ende 2016 durchgeführt
Der Kläger erwarb im Jahr 2015 von der Beklagten ein Fahrzeug der Marke VW Tiguan 2,0 TDI aus der bis 2015 produzierten Modellreihe, das über einen Diesel-Motor der Baureihe EA 189 EU 5 verfügt. Das Kraftfahrtbundesamt ordnete mit Bescheid vom Oktober 2015 gegenüber der Volkswagen AG als Herstellerin der Pkw dieser Baureihe im Hinblick auf die für die Abgasrückführung verantwortliche Steuerungssoftware die Entfernung der als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung an. Die Volkswagen AG stellte daraufhin in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt den betroffenen Kunden ein entsprechendes Softwareupdate zur Verfügung, das der Kläger im Dezember 2016 durch eine Fachwerkstatt bei seinem Pkw aufspielen ließ.
Ersatzlieferung eines Nachserienmodells begehrt
Der Kläger begehrt in dem vorliegenden Rechtsstreit vorrangig die Ersatzlieferung eines Nachserienmodells Zug um Zug gegen Rückübereignung des von ihm gekauften, aus seiner Sicht nach wie vor mangelhaften, Fahrzeuges. Er trägt dazu unter anderem vor, das Softwareupdate erhöhe den Kraftstoffverbrauch sowie den Verschleiß seines Wagens und stelle deshalb keine ausreichende Nacherfüllung dar. Die Beklagte bestreitet dies und hat Klageabweisung beantragt.
LG: Wahl von Nacherfüllung durch Annahme des Softwareupdates
Das Landgericht Berlin hatte diese Klage mit Urteil vom 22.03.2018 in erster Instanz abgewiesen. Das vom Kläger erworbene Fahrzeug habe zwar bei Übergabe einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB aufgewiesen, dieser sei aber zwischenzeitlich beseitigt worden. Durch die Entgegennahme des Softwareupdates habe der Kläger zudem bezüglich eines Nacherfüllungsanspruches sein Wahlrecht nach § 439 Abs. 1 BGB ausgeübt und könne nun nicht mehr Ersatzlieferung eines neuen Fahrzeugs verlangen. Die hilfsweise geltend gemachte Minderung könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen, da aufgrund der Bestätigung des Kraftfahrtbundesamtes vom Juli 2016 für die betroffenen Fahrzeugtypen nicht davon auszugehen sei, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nach dem Aufspielen des entsprechenden Softwareupdates noch mangelhaft sei.
KG hält Rechtsstreit für noch nicht entscheidungsreif
Das Kammergericht hat über die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung des Klägers am 19.03.2019 mündlich verhandelt und festgestellt, dass der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif sei. Der Senat hält eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich, weil es für den Anspruch auf Ersatzlieferung eines aktuellen Serienmodells gemäß den §§ 439 Abs. 1, 437 Nr. 1, 434 BGB beachtlich sein könne, ob die vorgenommene Art der Nacherfüllung durch das Softwareupdate zu den vom Kläger behaupteten nachteiligen Auswirkungen auf das Fahrverhalten, den Verbrauch und die Haltbarkeit einzelner Komponenten des Motor- und Abgassystems geführt habe.
Sachverständigengutachten nur bei Vorkasse des Klägers
Sollte die Mangelbeseitigungsmaßnahme in Form des Softwareupdates also ihrerseits zu nachteiligen Folgen für das klägerische Fahrzeug geführt haben, so könne es sich um eine nicht ordnungsgemäße und damit fehlgeschlagene Nacherfüllung handeln. Da die Beklagte diese vom Kläger behaupteten und von ihm auch zu beweisenden nachteiligen Auswirkungen bestritten habe, müsse darüber Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben werden. Der Senat sieht dabei die Beweislast beim Kläger und hat dementsprechend die Einholung des Sachverständigengutachtens davon abhängig gemacht, dass der Kläger einen Kostenvorschuss an die Gerichtskasse zahlt.
KG , Beschluss vom 30.04.2019 – 21 U 49/18
(Quelle: Beck online)